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Vergaberecht, aktuelle Urteile

Drum prüfe…

Ein Kommafehler führte zum Ausschluss des Bieters. Das OLG Düsseldorf gab dem öffentlichen Auftraggeber recht.

Ein öffentlicher Auftraggeber hat im offenen Verfahren Beton- und Stahlbetonarbeiten europaweit ausgeschrieben. Innerhalb der Angebotsfrist gab ein Bauunternehmer seine Offerte ab und bepreiste die Leistungsposition „Betonstabstahl“ mit einem Einheitspreis von 1,01 Euro pro Tonne. Die Vergabestelle klärte darauf hin, diesen Angebotspreis kalkulatorisch auf. Der Bauunternehmer teilte hierzu mit, ihm sei bei der Eingabe des Preises bzw. der Kommastelle ein Fehler unterlaufen.

Bei der maßgeblichen, verständigen Auslegung seines Angebotes sei eindeutig ein Einheitspreis von 1.010,00 Euro pro Tonne gemeint gewesen. Der öffentliche Auftraggeber schloss das Angebot des Bauunternehmers jedoch aus, der sich dagegen mit einem Nachprüfungs– und Beschwerdeverfahren wehrte. Ohne Erfolg.

Die Entscheidung des OLG

Das Oberlandesgericht Düsseldorf entschied, dass ein Verstoß gegen § 13 EU Absatz 1 Nummer 3 VOB/A auch dann vorliegt, wenn der angegebene Preis unzutreffend ist. Der Bieter muss für die jeweilige Leistungsposition die nach seiner Kalkulation zutreffende Preisangabe anbieten. Eine Preisangabe ist unzutreffend, wenn auch nur für eine Position nicht der Betrag angegeben wird, der für die betreffende Leistung auf der Grundlage der Urkalkulation tatsächlich beansprucht wird. Ein versehentlich falsch angegebener Einheitspreis kann von einem Bieter nicht nachträglich korrigiert werden, so der nordrhein-westfälische Vergabesenat.

Es werden unterschiedliche Ansichten dazu vertreten, ob und unter welchen Voraussetzungen ein versehentlich falsch angegebener Preis nach Angebotsöffnung korrigiert werden kann. Teilweise wird bei offensichtlichen preislichen Falschangaben eine Berichtigung für zulässig gehalten und ein Verstoß gegen das Nachverhandlungsverbot verneint. Zum Teil wird eine Berichtigung von „falschen“ Preisen oder wegen Erklärungsirrtums anfechtbaren Preisen abgelehnt. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, dass eine Klarstellung des Angebotsinhalts zulässig, hingegen eine nachträgliche Änderung des Angebots durch das Einfügen eines neuen Preises unstatthaft ist.

Von einer zulässigen Klarstellung des Angebotsinhalts ist auszugehen, wenn der tatsächlich gemeinte (richtige) Preis durch Auslegung des Angebotsinhalts zu ermitteln ist. Aus Gründen der Angebotsklarheit und –vergleichbarkeit ist Voraussetzung hierfür, dass sich eindeutig und zweifelsfrei aus den Angebotsunterlagen ergibt, dass ein ganz bestimmter Einheitspreis gewollt war. Für den öffentlichen Auftraggeber muss dies offenkundig und unschwer festzustellen sein. Sind Nachforderungen über das wirklich Gewollte beim Bieter erforderlich, sind diese Anforderungen nicht erfüllt. Andernfalls hätte es der Bieter in der Hand, den angebotenen Preis nachträglich gegen einen anderen auszutauschen.

Fazit

Vorliegend lag es nach Überzeugung des Düsseldorfer Oberlandesgerichts zwar nahe, dass bei der Angabe des Preises ein Kommafehler aufgetreten ist. Allerdings kann nicht eindeutig bestimmt werden, welcher Preis der tatsächlich gewollte war. Nicht zwingend ist, dass das Komma um drei Stellen zu verschieben ist. Denkbar ist ein Einheitspreis von 10,10 Euro pro Tonne ebenso wie einer von 101,00 Euro pro Tonne. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass der Bieter einen am üblichen Marktpreis von Betonstahl orientierten Einheitspreis anbieten wollte, steht damit noch nicht zweifelsfrei fest, dass dieser tatsächlich 1010,00 Euro pro Tonne betragen solle, wenn insoweit – wie hier – eine Preisspanne in Betracht kommt.

Quelle: Bayerische Staatszeitung, Ausgabe 45/2016

Autor: Holger Schröder, Fachanwalt für Vergaberecht bei Rödl & Partner in Nürnberg

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