Entschädigung des Bieters
Das OLG Hamm hat entschieden, dass Bieter einen Anspruch auf angemessene Entschädigung haben können.
Das Oberlandesgericht Hamm bestätigte im Rahmen eines zivilen Schadenersatzprozesses, dass der bieterseitige Rechtsanspruch auf Festsetzung einer Entschädigung nach § 8 Abs. 8 Nr. 1 VOB/A-EG beziehungsweise VOB/A nicht durch Vergabebedingungen ausgeschlossen werden kann. Nach dieser Vorschrift steht den Bietern ein Anspruch auf angemessene Entschädigung zu, wenn sie Entwürfe, Pläne, Zeichnungen, statische Berechnungen, Mengenberechnungen oder andere Unterlagen, insbesondere bei funktionalen Leistungsbeschreibungen, ausarbeiten müssen, die einen Umfang aufweisen, der nicht zu einer regelmäßig zu erwartenden, ordnungsgemäßen Angebotsbearbeitung zählt.
Wichtige Aspekte für die Beschaffungspraxis
Der nicht zu entschädigende Regelfall liegt vor, wenn die ausschreibende Stelle die erforderlichen Planungs- oder Berechnungsleistungen selbst erbringt und der Bieter sich darauf beschränken kann, das vom Auftraggeber erstellte Leistungsverzeichnis zu bepreisen.
Hat der Bieter hingegen – wie bei einer funktionalen Leistungsbeschreibung – die technisch, wirtschaftlich und gestalterisch beste und funktionsgerechte Lösung der Bauaufgabe zu erarbeiten, so werden ihm umfangreiche Vorarbeiten abverlangt, bevor er die Preise berechnen kann. Diese Vorarbeiten, die in den Aufgabenbereich der Vergabestelle fallen, lösen die Entschädigungspflicht nach § 8 Abs. 8 Nr. 1 VOB/A-EG beziehungsweise VOB/A aus.
Die einheitlich festzusetzende Entschädigung umfasst allgemein den Aufwendungsersatz ohne Gewinnanteil. Die HOAI, welche Gewinnanteile enthält, stellt deshalb keine taugliche Berechnungsgrundlage dar.
Geeigneter Maßstab sind die üblicherweise für die Angebotsbearbeitung als Teil der allgemeinen Geschäftskosten kalkulierten Aufwendungen, die für die überobligationsmäßig erbrachten Leistungen unter normalen Umständen anzusetzen sind. Hierzu sind der voraussichtliche durchschnittliche Zeitaufwand für die geforderte Ausarbeitung sowie die normalerweise kalkulierten Personal und Materialkosten zu ermitteln.
Die Festsetzung der Entschädigungshöhe durch den öffentlichen Auftraggeber unterliegt einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB.
Quelle: Bayerische Staatszeitung, Ausgabe 2/2016
Autor: Holger Schröder, Rechtsanwalt bei Rödl & Partner in Nürnberg