Feedback abgeben
Nach oben
Jetzt registrieren
Service, Nachrichten
12.06.2017, Niedersachsen

Schwerwiegende Mängel

Zur Aufklärung von Vergabefehlern hat Wirtschaftsminister Lies einen Gutachter eingeschaltet.

In der Vergabe-Affäre im Wirtschaftsministerium hat ein externer Prüfer schwerwiegende rechtliche Mängel bei der Auftragsvergabe für die Gestaltung einer Webseite festgestellt. Die Firma, die letztendlich den Zuschlag bekommen habe, habe durch Vorab-Gespräche mit Mitarbeitern des Ministeriums einen „zeitlichen und inhaltlichen Informationsvorsprung gehabt“, sagte Rechtsanwalt Friedrich Ludwig Hausmann am Freitag in Hannover. Dadurch sei es zu Wettbewerbsbeschränkungen gekommen (keine Chancengleichheit).

Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) sprach von „bitteren Ergebnissen“ für sein Haus. Als Konsequenz will er eine zentrale Vergabestelle in seinem Ministerium einrichten. Außerdem soll ein laufendes Ausschreibungsverfahren für eine Repräsentanz des Landes in Chicago modifiziert werden.

Lies hatte im Mai seine Staatssekretärin Daniela Behrens (SPD) entlassen, nachdem bekanntgeworden war, dass es in zwei Fällen Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe von Aufträgen gegeben hatte. In dem ersten Fall ging es um die Neugestaltung einer Webseite. Behrens hatte mehrere Gespräche mit der Agentur geführt, die später berücksichtigt wurde. In einem weiteren Fall hatte der Pressesprecher von Lies vorab mit einem Hörfunksender über die Moderation einer Veranstaltungsreihe zur E-Mobilität gesprochen. Der Sender erhielt danach auch den Zuschlag.

Fehler im Vergabeverfahren

Nun untersuchte eine externe Prüfungsgesellschaft im Auftrag des Ministeriums, was bei der Vergabe der Internetseite schief lief. Zum einen sei der Informationsvorsprung, den die begünstigte Firma durch die Vorab-Gespräche hatte, für die anderen Mitbieter nicht ausgeglichen worden, rügte Rechtsanwalt Hausmann. „Dies wäre möglich gewesen, wenn man wesentliche Inhalte ausführlicher in die Leistungsbeschreibung aufgenommen hätte.“

Zum anderen seien dem Projektvertrag die allgemeinen Geschäftsbedingungen des Unternehmens beigefügt worden – ein klarer Verstoß gegen das Vergaberecht. Zwar wurde dieser Zusatz später wieder entfernt, nachdem er einem Mitarbeiter des Ministeriums aufgefallen war. „Trotzdem hätte man das Angebot allein aus diesem formalen Grund nicht werten dürfen“, stellte Hausmann klar.

Konsequenz für kommende und laufende Verfahren

Wirtschaftsminister Lies sagte, er werde noch in der kommenden Woche eine zentrale Vergabestelle mit vier Mitarbeitern im Wirtschaftsministerium einrichten. Auch der zweite Fall, der eine Städte-Tour zur E-Mobilität betraf, solle noch untersucht werden. Dafür werden die Akten derzeit noch zusammengestellt. „Die erste Übersicht, die ich kenne, wirft bereits jetzt viele Fragen zur Rechtmäßigkeit der Vergabe auf“, sagte Lies.

Außerdem kündigte der Minister an, das Ausschreibungsverfahren in einem dritten, ebenfalls von der Opposition kritisierten Fall zu modifizieren. Dabei geht es um eine Repräsentanz des Landes Niedersachsen in Chicago, die Lies im März eröffnete. Der Auftrag für die Gründung war im September 2016 freihändig an eine Tochtergesellschaft der Deutschen Messe AG vergeben worden – zunächst als Modellprojekt für ein Jahr.

Seit Anfang Mai läuft die Ausschreibung für den Betrieb der Repräsentanz für vier Jahre, der Auftragswert beträgt 800.000 Euro. CDU und FDP im Landtag hatten moniert, dass der gegenwärtige Betreiber der Repräsentanz einen Wettbewerbsvorteil habe, zumal in der Ausschreibung festgelegt sei, dass der Geschäftsführer seinen Wohnsitz in Chicago haben müsse. Dieser Passus soll laut Lies nun geändert werden, da er eine wettbewerbsrechtliche Einschränkung darstellen könnte. Zudem werde die Ausschreibungsfrist verlängert.

Opposition verlangt weitgefasste Untersuchungen

Nach dem Willen von CDU und FDP soll sich der Untersuchungsausschuss in seiner Arbeit nicht nur auf diese beiden Fälle beschränken. Untersucht werden sollen auch andere Aufträge, bei denen die beiden begünstigten Bieter den Zuschlag erhielten. Darüber hinaus soll das Gremium aus Sicht der Opposition alle Vergabeverfahren unter die Lupe nehmen, an denen Lies und Behrens beteiligt waren. Auch Vergabevorgänge in anderen Ministerien, in die Staatssekretäre oder Pressestellen involviert waren, müssten hinterfragt werden, fordern CDU und FDP.

Der Untersuchungsausschusses könnte noch vor der parlamentarischen Sommerpause seine Arbeit aufnehmen. Um so einen Ausschuss einzusetzen, braucht es im Landtag ein Fünftel der Abgeordnetenstimmen – das sind nach derzeitigem Stand 28. Da CDU und FDP gemeinsam 68 Parlamentarier stellen, kann der Ausschuss nicht von SPD und Grünen verhindert werden.

Über die Einsetzung des Untersuchungsausschusses will der Landtag am Donnerstag abstimmen.

Quelle: dpa

Zurück
Ähnliche Nachrichten