Feedback abgeben
Nach oben
Jetzt registrieren
Vergaberecht, aktuelle Urteile

Widersprüchliche Leistungsbeschreibung

Eine nicht eindeutige Leistungsbeschreibung führte zu einem Nachprüfungsverfahren.

Ein öffentlicher Auftraggeber hat Innentüren für einen Neubau im offenen Verfahren europaweit nach der VOB/A ausgeschrieben. Alleiniges Zuschlagskriterium war der Preis. Für die einzubauenden Türdrücker war nach dem Leistungsverzeichnis (LV) ein Klassifizierungsschlüssel nach DIN EN 1906: 2012-12 gefordert, der unter anderem eine Korrosionsbeständigkeit der Stufe 5 vorsah. Bei den von den Bietern im LV einzutragenden Fabrikatsangaben hat die Vergabestelle außerdem ein bestimmtes Richtfabrikat für die Türdrücker vorgegeben, das aber nur eine Korrosionsbeständigkeit der Stufe 4 erfüllte. Der preisliche Bestbieter hatte Türdrücker der Korrosionsklasse 4 angeboten. Einer der nichtberücksichtigten Bauunternehmer rügte die beabsichtigte Beauftragung seines Konkurrenten, weil dieser die LV-Vorgaben bei den ausgeschriebenen Türdrückern nicht erfüllen könne.

Die Entscheidung der Vergabekammer

Die Vergabekammer Nordbayern gab dem Nachprüfungsantrag statt: Das LV ist hinsichtlich der Korrosionsklasse der Türgriffe nicht eindeutig beschrieben. Es ist nicht gewährleistet, dass alle Bieter die Beschreibung der Leistung im gleichen Sinne verstehen müssen. Das Gebot der eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung bezweckt, die Vorstellungen des öffentlichen Auftraggebers von der gewünschten Leistung in Bezug auf technische Merkmale oder Funktionen, Menge und Qualität für den Auftragnehmer so deutlich werden zu lassen, dass dieser Gegenstand, Art und Umfang der Leistung zweifelsfrei erkennen kann. Dieses Gebot hat sich an der Durchführbarkeit der Leistung zu orientieren und soll die exakte Preisermittlung sowie die Vergleichbarkeit der Angebote garantieren, so die Ansbacher Nachprüfungsbehörde.

Die Leistungsbeschreibung ist aber dann nicht eindeutig, wenn unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten in Betracht kommen, die den Bieter im Unklaren lassen, welche Leistung von ihm in welcher Form und unter welchen Bedingungen angeboten werden soll. Die zu erbringende Leistung muss vielmehr so konkret dargestellt sein, dass alle Bewerber die Leistungsbeschreibung im gleichen Sinne verstehen müssen und die Angebote miteinander verglichen werden können.

Im vorliegenden Fall erfüllte das LV diese Voraussetzungen nicht. Denn dort ist in der technischen Beschreibung der Türdrücker die Korrosionsklasse 5 vorgegeben, während zugleich ein Richtfabrikat genannt war, das nur eine Korrosionsbeständigkeit der Stufe 4 aufwies. Das LV enthält somit widersprüchliche Vorgaben, die auch nicht im Wege der Auslegung ausgeräumt werden konnten. Dieser Widerspruch geht zu Lasten der Vergabestelle.

Quelle: Bayerischen Staatszeitung, Ausgabe 12/2017

Autor: Holger Schröder, Fachanwalt für Vergaberecht bei Rödl & Partner in Nürnberg

Zurück
Beschluss
Ähnliche Beiträge