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Projektantenproblematik: Was Sie beachten sollten

Ein Projektant ist ein Unternehmen, das schon vor der Ausschreibung an dem Projekt beteiligt war – etwa, indem er den Auftraggeber berät oder Vorarbeiten leistet. Um eine Wettbewerbsverzerrung zu vermeiden, müssen für die Teilnahme des Projektanten an einer Ausschreibung einige Bedingungen erfüllt sein, die der Auftraggeber sicherstellt. Welche das sind, erfahren Sie in diesem Artikel.

„Projektantenproblematik“ betrifft im Oberschwellen- und Unterschwellenbereich den Fall, dass ein Unternehmen, das bei der Vorbereitung der Ausschreibung mitgewirkt hat und später selbst mitbietet, möglicherweise über einen Wissensvorsprung verfügt beziehungsweise die Auftragsbedingungen in seinem Sinne beeinflusst hat. Die Mitwirkung eines solchen Projektanten ist grundsätzlich eine Gefährdung des Wettbewerbsgrundsatzes, die der Auftraggeber ausgleichen muss.

Was ist ein Projektant?

Ein Projektant oder laut Gesetz ein „vorbefasstes Unternehmen“ ist ein Unternehmen oder ein mit ihm verbundenes Unternehmen, das den Auftraggeber beraten hat oder auf andere Art und Weise an der Vorbereitung des Vergabeverfahrens beteiligt war. Das gilt beispielsweise für einen bautechnischen Fachplaner, der für den Auftraggeber die Leistungsbeschreibung erstellt und sich auch selbst am Vergabeverfahren beteiligen möchte. Der Fachplaner könnte exklusive Informationen über das Bauvorhaben bezüglich Baumaterialien oder besonderen Umweltbedingungen des Bauplatzes erlangt –beziehungsweise die Leistungsbeschreibung speziell auf die Fähigkeiten seines Unternehmens ausgerichtet haben. Es besteht eine Interessenskollision.


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Kann der Projektant am Vergabeverfahren teilnehmen?

Ja, das ist grundsätzlich möglich. Der Projektant kann sich an der Ausschreibung beteiligen, wenn der Auftraggeber durch angemessene Maßnahmen sicherstellen kann, dass der Wettbewerb durch seine Teilnahme nicht verzerrt wird. Solche Maßnahmen betreffen insbesondere:

  • die Unterrichtung der anderen am Vergabeverfahren teilnehmenden Unternehmen über die exklusiven Kenntnisse des Projektanten, die er bei der Verfahrensvorbereitung erhalten hat.
  • Das Festsetzen angemessener Angebotsfristen, damit jeder Bieter die erhaltenen neuen Informationen in ausreichender Zeit in sein Angebot einarbeiten kann.

Inwieweit darf der Projektant im Vorfeld beraten, um später noch mitbieten zu können?

  • Grundsätzlich kann ein Unternehmen nur an der Vorbereitung der Ausschreibung mitwirken, wenn dadurch entstehende Vorteile dieses Unternehmens gegenüber dessen Mitbewerbern im Vergabeverfahren ausgeglichen werden können.
  • Sollte der Auftraggeber die vorliegende Wettbewerbsverzerrung, also den Informationsvorsprung des Projektanten, nämlich nicht durch andere, weniger einschneidende Maßnahmen beseitigen können, darf er das betreffende Unternehmen im Extremfall von dem Vergabeverfahren ausschließen. Vorstellbar wäre, dass beispielsweise, wenn der Wissensvorsprung des Projektanten so groß ist, andere Mitbewerber selbst bei Mitteilung der entsprechenden Informationen diese aufgrund von Komplexität in annehmbarer Zeit nicht in einem abzugebenden Angebot verarbeiten könnten.
  • Vor einem Ausschluss ist dem Projektant aber die Möglichkeit zu geben, nachzuweisen, dass seine Beteiligung an der Vorbereitung des Vergabeverfahrens den Wettbewerb überhaupt nicht verzerren kann.

Fazit

Ein Unternehmen kann an der Vorbereitung eines Vergabeverfahrens als Projektant mitwirken und sich später auch daran beteiligen. Entscheidend ist dafür aber gegebenenfalls, welche Vorteile der Projektant für die Teilnahme an dem Vergabeverfahren erlangt hat – und ob der Auftraggeber diese gegenüber anderen Bietern ausgleichen und Chancengleichheit herstellen kann.

Relevante Vergabeordnungen: