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Einzelgewerk-Vergabe und Mittelstand

Eine Wohnungsbaugenossenschaft will ein öffentlich gefördertes Wohnprojekt in Niedrigenergiestandard errichten. Dafür muss die Gebäudehülle als Ganzes funktionieren. Folglich wurde sie als Ganzes ausgeschrieben. Angesichts der technischen Begründung akzeptierte die Vergabestelle diese Ausschreibung mit Generalunternehmer-Teil auch, berichtet der Münchner Architekt und Stadtplaner Lurildo Meneses, Partner der Planungsgemeinschaft Zwischenräume Architekten + Stadtplaner GmbH, von einem seiner ersten Bauprojekte mit GU-Beteiligung. „Unser Büro hat mit diesem Vorgehen seither sehr gute Erfahrungen gemacht.“ U.a. bedeutet es für den Auftraggeber, dass er mit dem Generalunternehmer einen Ansprechpartner für die entsprechenden Gewerke hat und eine Rechnung bekommt. Das entlastet enorm – die finanzielle Einsparung hat der Bauherr, nicht das Planungsbüro, das die Bauleitung hat, betont Meneses.

VOB verlangt Einzelgewerk-Vergabe

Die öffentliche Hand ist für Bauunternehmen mit 100 bis 199 Beschäftigten wichtigster Auftraggeber, besagt die Statistik des Deutschen Bauindustrieverbands. Der Gesetzgeber möchte, dass bei der Vergabe öffentlicher Aufträge „mittelständische Interessen vornehmlich berücksichtigt“ werden (§ 97 Abs. 3 Satz 1 GWB) und Chancengleichheit im Wettbewerb sichergestellt wird. Seiner Ansicht nach ist das vor allem durch losweise Vergabe möglich, indem die Leistungen aufgeteilt nach Menge (Teillose) oder Fachgebiet (Fachlose) vergeben werden.

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Mittelständische Generalunternehmer

Christine Machacek, Geschäftsführerin des Allgäuer Mittelständlers Säbu Holzbau GmbH, sieht die Annahme kritisch, dass vor allem losweise Vergabe dem Mittelstand Wettbewerbschancen sichere. „Dies zielt ausschließlich auf Großprojekte ab“, sagt sie. „Wir als KMU mit 40 Mitarbeitern haben uns auf die Generalunternehmer-Leistung für kommunale Projekte spezialisiert, realisieren schlüsselfertige Projekte vor allem im Bildungsbereich mit einer durchschnittlichen Auftragssumme von etwa 2 Mio. Euro – es gibt also Projektgrößen, die für den Mittelstand als Generalunternehmer ohne Probleme darstellbar sind!“

Sie sieht Säbu auch keineswegs als Ausnahme. Es gebe eine ganze Reihe leistungsstarker Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern und 50 Mio. Euro Umsatz, die als Generalunternehmer verlässlich Projekte realisieren können, nicht nur im Holzbau. Generalunternehmer gibt es auch im Massivbau, bestätigt Architekt Meneses.

Er hält (Teil-) GU-Beauftragung aber gerade im Bereich Holzsystembau, in dem zur Werksvorfertigung auch Fenster und Fassaden gehören, für besonders sinnvoll. „Die Gebäudehülle muss als solche funktionieren, alle Bauteile müssen aufeinander abgestimmt werden.“ Da sei es schon sehr sinnvoll, die entsprechenden Gewerke zusammen auszuschreiben und als Paket zu vergeben, wie es sein Büro mehrfach erfolgreich praktiziert habe. Seiner Erfahrung nach gibt es auch bei GU-Ausschreibungen große Bieterbeteiligung – auch wenn das nicht selbstverständlich erscheine angesichts der hohen Anforderungen, die an einen Generalunternehmer gestellt werden.

Wie sich der Mittelstand als Generalunternehmer behaupten kann, lesen Sie im zweiten Teil der Beitragsserie am 21. Dezember 2015.

 

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