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Nebenangebote mit Bewertungskriterien

Für einen Bieter bedeutet das Erstellen eines Nebenangebots Mehraufwand. In der Regel geben sie jedoch kein Nebenangebot zusätzlich zum Hauptangebot ab, so zumindest die Erfahrung des Zentralen Vergabebüros der sächsischen Landeshauptstadt Dresden. Vielmehr machen sie zu einzelnen Positionen Änderungsvorschläge. Solch ein Änderungsvorschlag kann, anders als ein Nebenangebot, nur bei gleichzeitiger Abgabe eines Hauptangebots gemacht bzw. zugelassen werden. Ansonsten gelten die gleiche Regelungen wie für das Nebenangebot.

Grundsätzlich ein Nebenangebot nur mit gleichzeitiger Abgabe eines Hauptangebots zuzulassen, würde dem Sinn von Nebenangeboten widersprechen, denn es sollen sich bei der Ausschreibung einer bestimmten Lösungsvariante gerade auch Unternehmen am Wettbewerb beteiligen können, die nur eine alternative, aber gleichwertige oder besonders innovative Lösung anbieten können. Die Vergabestelle kann entsprechendes aber in den Verdingungsunterlagen vorgeben. In der Regel werden, so die Erfahrung von Michael Kordon, Amtsleiter des Staatlichen Bauamts Weilheim, ein Haupt- und ein Nebenangebot abgegeben.

Vergleichbarkeit der Nebenangebote nachweisen

Generell sei für die Bieter der Aufwand sehr hoch, ein Nebenangebot zu erstellen, das die Vergleichbarkeit sowie die Gleichwertigkeit gewährleistet, und dies auch nachvollziehbar aufzuzeigen, sagt Peter Krones, Leiter des Zentralen Vergabebüros der Stadt Dresden. Aus seiner Sicht als Ausschreiber gelingt dies den Bietern in der Regel auch nicht. Seiner Erfahrung nach ist die Qualität von abgegebenen Nebenangeboten aber auch mit Blick auf die einzuhaltenden Formalien im Vergleich zu den Hauptangeboten eher gering.

SSF Ingenieure AG mit Sitz in München erstellt seit 40 Jahren für Bauunternehmen auch Nebenangebote. Die Bauvorhaben reichen von Autobahnen und Brücken über Tunnel und Unterfahrungen bis Wasserbau- und Wasserkraftwerke. Nach Erfahrung von Vorstand Hugo Wolf betreiben viele öffentliche Bauherren heute bereits im Vorfeld einer Ausschreibung einen sehr hohen Planungsaufwand bis hin zur Erstellung ausführungsfähiger Pläne – da mache es dann in der Tat Sinn, Nebenangebote auszuschließen.

Allerdings sei es eine Sache, beispielsweise für eine geplante Brücke den angestrebten Endzustand zu definieren, eine andere Sache die konkrete Realisierung. „Für das Wie möchte ich als Planer eigentlich das Knowhow der Baufirmen mit einbeziehen und dafür mit diesen einen konstruktiven Dialog führen. Das wäre partnerschaftliches Planen und würde Innovation im Bauwesen ermöglichen.“ Die überragende Dominanz des Preises mache das Bauen heute sehr konfliktträchtig.

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Bewertungskriterien mit Fachkompetenz definieren

Für Nebenangebote Bewertungskriterien jenseits des Preises zu definieren, setzt sehr viel Fachwissen und Vorüberlegung voraus. Davor scheuten die meisten Vergabestellen heute zurück, zumal in der Regel auch weiche Kriterien eine Rolle spielen und vielerorts das ingenieurtechnische Fachwissen ausgedünnt wurde, sagt Diplom-Ingenieur Wolf. „Manche Verwaltungen haben eingesehen, dass sie ingenieurtechnische Kompetenz benötigen, Nordrhein-Westfalen stockt wieder auf“, allerdings mit jungen Ingenieuren, die noch nicht die Kompetenz zur Beurteilung von Nebenangeboten haben dürften.

Den Aspekt des höheren Haftungsrisikos im Fall eines Nebenangebots, das eine innovative Lösung vorschlägt, sieht Hugo Wolf gelassen. „Natürlich stehe ich als Büro, das ein Nebenangebot entwirft, für die Machbarkeit der Lösung und für die Richtigkeit der Massen in der Pflicht, muss also sattelfest sein in solchen Bauaufgaben, zumal angesichts knapper Angebotsfristen.“ SSF Ingenieure AG erstellt aber 1200 Haupt- und Nebenangebote im Jahr. Daher ist das Haftungsrisiko für das Bauingenieurbüro kein Thema.

Lesen Sie im nächsten Beitrag unserer Serie zu Nebenangeboten am 07. März 2016 mehr über die Herausforderung, Nebenangebote gesetzeskonform zuzulassen.

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