Vergaberecht & Gütezeichen: Eine Erleichterung

Wird die Zulassung von Ökolabeln im Rahmen der öffentlichen Beschaffung künftig tatsächlich genutzt werden und zu einer stärkeren Umweltorientierung beitragen, das ist die große Frage mit Blick auf die entsprechende gesetzliche Neuregelung. „Bisher waren die Möglichkeiten zur Nutzung von Umweltzeichen bei der Vergabe im Oberschwellenbereich davon geprägt, dass gemäß EuGH aus dem Jahr 2012 die Einzelkriterien in der Vergabe aufgeführt werden mussten“, erläutert Ralf Grosse von der Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung (KNB), Beschaffungsamt des Bundesministeriums des Innern in Bonn. „Wir gehen davon aus, dass die Neuregelung in § 34 VgV eine Vereinfachung für den Einkauf der öffentlichen Hand bedeutet.“ Da aber auch Anbieter ohne Gütezeichen, jedoch mit entsprechenden Nachweisen in die Angebotswertung mit aufzunehmen sind, könne es infolge der Prüfung der Nachweise in Einzelfällen zu Mehraufwand kommen, wobei noch keine Fallzahlen und Erfahrungswerte vorliegen.

Anbieterzahl und Nachweispflichten

Leider sei es nicht überall bekannt, dass Gütezeichen für das zu beschaffende Produkt genutzt werden können. In Frage komme diese Möglichkeit aus Wettbewerbsgründen vor allem, wenn es eine große Zahl möglicher Anbieter gibt. Prüfen können Beschaffer dies mit dem „Gütezeichen-Finder“ des Kompass Nachhaltigkeit.

Geworben werde von Anbietern kaum mit Ökolabeln gegenüber öffentlichen Beschaffern, meint Ralf Grosse. Aber dass Produkte und Dienstleistungen die Kriterien erfüllen, die bekannte Gütezeichen wie der Blaue Engel für eine Zertifizierung verlangen, sichere ihnen eine höhere Akzeptanz bei den öffentlichen Auftraggebern, vor allem weil beispielhaft auch im Maßnahmenprogramm Nachhaltigkeit der Bundesregierung auf Gütezeichen hingewiesen werde.

Nachweispflichten dürfen Anbieter nicht mehr als erforderlich belasten, für den Auftraggeber müssen Kontrollaufwand und Vergabefahren praktikabel bleiben. Gütezeichen unterstützen Auftraggeber und Auftragnehmer, erläutert Ralf Grosse. „Auftragnehmer müssen bei Erhalt eines Gütezeichens für das Produkt/Dienstleistung eine i.d.R. einmalige Prüfung durchführen lassen, mehrmalige Prüfungen durch andere Nachweisarten können damit entfallen. Für Auftraggeber entfallen Prüfungen sonstiger Nachweise bei Vorlage eines Gütezeichens, was einer Aufwandsminderung gleichkommt.“

Ralf Grosse geht davon aus, dass für Ausschreibungen im Oberschwellenbereich bei gängigen Produkten wie IT, Papier und Lebensmitteln künftig Gütezeichen genutzt werden, aber auch im Bereich der Dienstleistungen, beispielsweise Druckaufträgen. Ob die Anwendung von Gütezeichen im Vergabeverfahren aber tatsächlich genutzt wird, ist dennoch noch offen, denn das Vergaberecht stellt die Nutzung von Gütezeichen frei. Ralf Grosse: „Oftmals werden vor allem auf kommunaler Ebene Satzungen beschlossen, die erst eine verpflichtende Nutzung nach sich ziehen. Hierbei sind standardisierte Ausschreibungsweisen hinsichtlich der Nutzung von Gütezeichen bei vorgegebenen Produktgruppen für die Beschaffer hilfreich.“

Präqualifikation und Ökolabel

Im Rahmen einer Präqualifizierung spielen, soweit der Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung bekannt, keine Rolle. Ralf Grosse: „Eine Präqualifizierung im Sinne einer übergeordneten Datenbank, mit allen relevanten Gütezeichen nach § 34 VgV und den Anbietern, nach Produkten geordnet, kann aus Sicht der KNB zu einer Vereinfachung im Vergabeprozess führen. Die Möglichkeit, diese Daten dann in die einzelnen elektronischen Vergabesysteme der beschaffenden Stellen einzubinden, könnte in weiterer Zukunft dem Mitarbeiter im öffentlichen Einkauf die nachhaltige Beschaffung durch Nutzung von Gütezeichen erleichtern.“