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Die Kostenschätzung bei Auftragsänderungen

Ob eine Auftragsänderung ein neues Vergabeverfahren verlangt, ist in dem jeweils einschlägigen Paragraphen geregelt. Welches Recht anzuwenden ist, richtet sich nach dem geschätzten Auftragswert. Bei Schwellenwertvergaben ist dies § 132 GWB, unterhalb der Schwelle § 22 VOB/A (Bauaufträge) bzw. derzeit noch die VOL/A, künftig § 47 UVgO (Liefer- und Dienstleistungsaufträge). Nicht maßgeblich ist der vereinbarte Preis; auch der Wert der ins Auge gefassten Änderung bleibt unberücksichtigt.

Beispiel:

Der öffentlichen Ausschreibung eines Bauauftrags lag ein ordnungsgemäß geschätzter Auftragswert von 5,1 Mio. € zugrunde. Vergeben wurde der Auftrag für 5,3 Mio. €. Die geplante Änderung hat einen Wert vom 1 Mio. €. Sie fällt nicht unter § 132 GWB; anwendbar ist vielmehr § 22 VOB/A.

Weil grundsätzlich die Kostenschätzung maßgeblich ist, findet § 132 GWB auch dann Anwendung, wenn ein Schwellenwertauftrag nachträglich abgespeckt werden soll mit der Folge, dass der tatsächliche Auftragswert unter den Schwellenwert fiele.

Beispiel:

Der Auftraggeber hatte einen Bauauftrag mit einen geschätzten Auftragswert von 5,7 Mio. € für 5,4 Mio. € vergeben. Kurz nach Baubeginn beschließt der Stadtrat, dass gespart werden muss. Eine Umsetzung der daraufhin vorgenommen Planungsänderung würde die Baukosten auf 4,9 Mio. € senken.

 

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Ordnungsgemäße Kostenschätzung

Voraussetzung ist aber immer eine ordnungsgemäße Kostenschätzung. Weil eine Kostenschätzung aber ist nichts anderes als eine Prognose, kommt es nicht darauf an, ob sie sich rückblickend als richtig oder falsch erweist.

Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass ihr die Annahme eines realistischen Bedarfs zugrunde lag und dieser nach einer vertretbaren Methode so bewertet wurde, dass ein marktnahes Ergebnis erwartet werden kann. Deshalb kann eine Kostenschätzung grundsätzlich auch ordnungsgemäß sein, wenn das Ausschreibungsergebnis darüber liegt. Lag der geschätzte Auftragswert allerdings knapp unter und das preislich günstigste Angebot deutlich über dem Schwellenwert, besteht zumindest Anlass zu der (selbst-)kritischen Prüfung, ob der Wert nicht schöngerechnet wurde. Ein zusätzlicher Bedarf, der vorhersehbar war, kann die Frage aufwerfen, ob der Kostenschätzung realistische quantitative Annahmen zugrunde lagen.

Zeitpunkt und Anlass der Änderung

§ 132 GWB gilt für Auftragsänderungen „während der Vertragslaufzeit“. Daraus ist aber nicht abzuleiten, dass eine Änderung zwischen Zuschlag und Ausführungsbeginn aus dem Anwendungsbereich herausfällt. Sinn und Zweck der Regelung sprechen vielmehr dafür, dass alle Auftragsänderungen erfasst werden sollen, die dem Abschluss eines Vergabeverfahrens zeitlich nachfolgen. Die Vertragslaufzeit im Sinne des § 132 GWB beginnt also mit dem Vertragsschluss.

Unerheblich ist der Grund für die Änderung. Eine Vertragsänderung ist auch dann am neuen Recht zu messen, wenn sie das Ergebnis von Vergleichsverhandlungen ist, mit denen Auftraggeber und Auftragnehmer ihre Meinungsverschiedenheiten über den „alten“ Vertrag beilegen wollen.

Auch Auftragsänderungen nach § 1 Abs. 3, 4 VOB/B unterliegen, abhängig vom geschätzten Auftragswert, entweder § 132 GWB oder § 22 VOB/A.