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Ausschreibungen in Dänemark

Die Auftraggeber in Dänemark nehmen das Vergaberecht ernst, das Augenmerk auf Formalitäten bereitet den Bietern Probleme, und das Klagesystem ist ineffizient.

Unmittelbare Anwendung der EU-Vergaberichtlinien

Die EU-Vergaberichtlinien finden in Dänemark unmittelbar Anwendung. Der dänische Klagenævnet for Udbud [Nachprüfungsausschuss für Verfahren zum Auftragsvergabe] und die dänischen Gerichte haben die Vergaberichtlinien einer ausführlichen Auslegung unterzogen; diese Auslegung ergänzt in Dänemark die Vergaberichtlinien.

Erfüllung der Formalitäten wichtig

Die öffentlichen Auftraggeber wählen einen formalistischen Zugang zu Ausschreibungen. Die Erfahrungen in Dänemark zeigen, dass die Auftraggeber 40 – 50 % aller Angebote als nicht vertragsgemäß zurückweisen.

Hat der Auftraggeber geschrieben, der Bieter sei „verpflichtet“, dem Antrag/Angebot eine bestimmte Unterlage beizufügen, ist dies ganz buchstäblich zu verstehen. Anträge/Angebote haben den formalen Anforderungen bzw. den Mindestanforderungen der Vergabeunterlagen genau zu entsprechen. Weniger ist oft besser: Antworten müssen die Fragen der Auftraggeber genau beantworten, eingereichte Unterlagen müssen den Anforderungen genau entsprechen. Normalerweise können Unterlagen nicht nachgereicht oder um weitere Unterlagen ergänzt werden.

Versuche, die Anforderungen umzuformulieren, sind zu unterlassen. Ein Vorbehalt des Bieters gegenüber Vergabeunterlagen führt oft zur Ablehnung eines Angebots. Bei Konzerngesellschaften müssen sich die Unterlagen auf die antragende/anbietende Konzerngesellschaft beziehen.

 

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Die Sprache ist dänisch

Die Auftraggeber verstehen selten deutsch. Der weitaus größte Anteil von Ausschreibungen erfolgt in dänischer Sprache. Ausnahmsweise werden Unterlagen auf Norwegisch, Schwedisch oder Englisch akzeptiert, Deutsch normalerweise aber nicht, weder im Angebot noch in Unterlagen.

Gut funktionierendes, aber ineffizientes Nachprüfungssystem

Es gibt ein besonderes als Klagenævnet for Udbud bezeichnetes Nachprüfungssystem, das gut und schnell funktioniert. Die Bearbeitungszeit beträgt 8 – 10 Monate.

Dem Nachprüfungsausschuss werden jährlich 150-200 Klagen vorgelegt. Die Nachprüfungsgebühr beträgt 2.700 €, und dem klagenden Bieter wird bei Obsiegen die Gebühr zurückerstattet. Es besteht eine Pflicht zur Abfassung eindeutiger Anträge, die oft dazu führt, dass ein Rechtsanwalt eingeschaltet werden muss. Im Falle des Unterliegens werden einem Bieter oft die Verfahrenskosten des Auftragsgebers auferlegt.

Das Nachprüfungssystem ist nicht besonders effizient. Der Nachprüfungsausschuss entscheidet nur ausnahmsweise, dass das Nachprüfungsverfahren auf die Entscheidung des Auftraggebers über den Zuschlag des Vertrags einen Suspensiveffekt haben soll. Für den abgeschlossenen Vertrag ist der Nachprüfungsausschuss im Regelfall nicht zuständig, es sei denn der Abschluss des Vertrags erfolgte rechtswidrig ohne Ausschreibung. Der Nachprüfungsausschuss erkennt nur ganz ausnahmsweise Ersatz zu, auch nicht bei einer groben Verletzung der Vergabevorschriften.

Neue Vergabevorschriften unterwegs

Im Sommer 2015 wird ein dänisches Vergabegesetz verabschiedet werden. Die EU-Vergaberichtlinie wird künftig keine unmittelbare Anwendung finden, da die dänischen Gesetzgeber die Richtlinie überarbeitet haben, um sie den dänischen Verhältnissen anzupassen. Die Mehrheit der Vorschriften der Vergaberichtlinie lassen sich jedoch im Vergabegesetz wiederfinden, spezifische dänische Sondervorschriften sind aber auch aufgenommen worden.

 

Weitere Informationen

Dr. Sune Troels Poulsen, dänischer Anwalt
Andersen Partners
Havnegade 39
1058 Kopenhagen K
Dänemark
http://www.andersen-partners.dk/de/content/636