Zuschlag angekündigt: Kann man den noch verhindern?

Mit dem Zuschlag wird das Vergabeverfahren beendet. Bevor es aber dazu kommt, muss der Auftraggeber bei Vergabeverfahren oberhalb der EU-Schwellenwerte per Vorabinformation den Zuschlag ankündigen. Für unterlegene Bieter stellt sich dann häufig die Frage, ob sich der Zuschlag an den Konkurrenten noch verhindern lässt. Außerdem mag es Fälle geben, in dem sich auch der begünstigte Bieter fragt, ob er den Zuschlag an sich selbst noch verhindern kann.

Kann der Zuschlag an den Konkurrenten verhindert werden?

Mit der Zuschlagserteilung ist das Vergabeverfahren beendet. Der Vertrag kann dann nur noch ausnahmsweise (bei sog. De-facto-Vergaben) vor der Vergabekammer angegriffen werden. Unterlegene Bieter können deshalb regelmäßig nach Zuschlagserteilung allenfalls Schadensersatz geltend machen.

Insofern kann der Zuschlag nur vor der Erteilung verhindert werden. Das bedeutet, dass innerhalb der Informations- und Wartefrist nach § 134 GWB (10 bzw. 15 Kalendertage) eine Rüge erfolgen und Vergabenachprüfungsantrag eingereicht werden muss. Der unterlegene Bieter braucht dann aber auch einen Grund dafür, dass der Zuschlag auf den Konkurrenten nicht erfolgen darf. Ein solcher Grund besteht etwa, wenn der Bieter konkrete Anhaltspunkte dafür hat, dass der Zuschlagsgewinner das Leistungsverzeichnis nicht einhalten kann (vgl. OLG München, Beschluss vom 08.03.2019, Verg 4/19) oder Gründe für den Ausschluss des Bieters sprechen (z.B. wegen Eignungsmängeln). Damit kann aber bestenfalls der Zuschlag verhindert werden; daraus folgt noch nicht automatisch der Zuschlag auf das eigene Angebot. Unterhalb der EU-Schwellenwerte ist dabei zu beachten, dass es keinen Rechtsschutz vor der Vergabekammer gibt. Das bedeutet, dass weder Rüge noch Nachprüfungsantrag möglich sind. Der Zuschlag kann nur durch einstweilige Verfügung verhindert werden.

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Kann der eigene Zuschlag verhindert werden?

Es mag Fälle geben, in denen auch der potentielle Ausschreibungsgewinner den Zuschlag verhindern möchte, etwa weil Kapazitäten fehlen oder das Angebot zu niedrig kalkuliert war. Anders als bei dem Zuschlag auf den Konkurrenten bleiben dem Ausschreibungsgewinner aber nur wenige Möglichkeiten, den eigenen Zuschlag zu verhindern. Denn ein Bieter ist regelmäßig innerhalb der „Bindefrist“ bzw. innerhalb der Frist, in der mit der Annahme des Angebots zu rechnen ist (vgl. § 147 Abs. 2 BGB), an sein Angebot gebunden. Innerhalb dieser Frist kann er sein Angebot nicht zurückziehen. Erteilt der Auftraggeber den Zuschlag, kommt der Vertrag zustande. Dann bleibt dem Bieter nur noch die Möglichkeit, den Vertragsschluss anzufechten, sich auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage zu berufen oder von einem ggfs. bestehenden Kündigungsrecht Gebrauch zu machen. Diese Möglichkeiten werden aber selten in Betracht kommen, weil es an den Voraussetzungen dafür fehlt.

Deshalb können Bieter regelmäßig ihr Angebot nur zurückziehen, wenn dies durch die Vergabeunterlagen bis zu einem bestimmten Zeitpunkt gestattet wird oder die Bindefrist abgelaufen ist. Bietern ist deshalb zu raten, mit einem Angebot sorgsam umzugehen und ein Angebot nur dann einzureichen, wenn sie auch bereit sind, den Auftrag zu den angebotenen Konditionen durchzuführen.

Tipp für die Praxis

Wenn der Zuschlag an den Konkurrenten z.B. durch Vorinformation bekannt wird, ist Eile geboten. Der Zuschlag an den Konkurrenten kann nur verhindert werden, wenn sich ein Bieter sehr schnell Klarheit darüber verschafft, ob handfeste Gründe gegen den Zuschlag an den Konkurrenten sprechen. Liegen Gründe vor, muss noch innerhalb der Wartefrist Rüge beim Auftraggeber und Vergabenachprüfungsantrag vor der Vergabekammer eingereicht werden. Nur dann kann der Zuschlag verhindert werden.