Fachbeitrag

Vergaberechtsfreie Änderungen – Grundsätze

Sowohl die de-minimis-Regelung des § 132 Abs. 3 GWB als auch einige der in § 132 Abs. 2 GWB aufgeführten Ausnahmefälle machen die Zulässigkeit einer Änderung ohne Vergabeverfahren davon abhängig, dass deren Wert einen bestimmten Prozentsatz des Wertes des ursprünglichen Auftrags nicht übersteigt. In diesem Zusammenhang kommt es nicht auf den geschätzten Auftragswert, sondern auf den „Zuschlagswert“ an, also auf den Preis, der im dem durch Zuschlag zustande gekommen Vertrag vereinbart wurde, und zwar auf den Nettopreis.

Enthält der Vertrag eine Indexierungsklausel (Preisgleitklausel), ist Berechnungsgrundlage der jeweils entsprechend angepasste Preis (§ 132 Abs. 4 GWB). Dies soll nach dem Wortlaut der Norm allerdings nur gelten, wenn der angepasste Preis zugleich der höhere ist. Dies würde bedeuten, dass der Zuschlagswert maßgeblich bliebe, wenn die Anwendung einer Indexierungsklausel zu einer Preissenkung führt. Ob dies gewollt war, ist fraglich. Vermutlich hat man in Berlin die Möglichkeit einer Preissenkung nicht bedacht und unbewusst „angepasst“ mit „höher“ gleichgesetzt.

Losvergabe

Hatte der Auftraggeber den Gesamtauftrag in Lose (§ 97 Abs. 4 GWB) aufgeteilt und betrifft die Änderung nur ein Los, ist fraglich, ob Berechnungsgrundlage der Gesamtauftragswert oder der Teilwert des Loses ist. Diese Frage kann verbindlich nur die Rechtsprechung entscheiden. Für die Zugrundelegung des Gesamtauftragswerts spricht, dass die Grenzen einer Auftragsänderung ohne Ausschreibung nicht im Einzelfall davon abhängig gemacht werden dürfen, ob der Auftraggeber überhaupt Lose gebildet und wie er sie gegebenenfalls zugeschnitten hat. Zudem ändert die Aufteilung in Fachlose wie Rohbau, Heizung und Aufzüge nichts daran, dass nur ein Bauauftrag mit einem einzigen Auftragswert vergeben wird.

Gesamtcharakter des Auftrags

Einige der in § 132 Abs. 2 GWB aufgeführten Ausnahmefälle und § 132 Abs. 3 GWB lassen eine Auftragsänderung ohne Vergabeverfahren nur dann zu, wenn sich der Gesamtcharakter der Auftrags nicht ändert. Was damit gemeint sein könnte, überlässt der Gesetzgeber der Phantasie des Lesers. Man kann vermuten, dass es in Wesentlichen um Konstellationen geht, die zu einer Änderung des Vertragstyps führen.

Beispiel:

Ein Auftrag umfasst Bau- und Dienstleistungen. Hauptgegenstand ist zunächst das Bauelement, weshalb gemäß § 110 GWB ein Bauauftrag vorliegt. Nachträgliche Änderungen rücken jedoch das Dienstleistungselement so in den Vordergrund, dass aus dem Bauauftrag ein Dienstleistungsauftrag wird. Damit ändert sich auch der Gesamtcharakter des Auftrags.

Eine Änderung des Gesamtcharakters dürfte auch vorliegen, wenn durch eine Änderung der Gegenleistung aus einem Auftrag eine Konzession (oder umgekehrt) wird.

Sowohl die de-minimis-Regelung des § 132 Abs. 3 GWB als auch einige der in § 132 Abs. 2 GWB aufgeführten Ausnahmefälle machen die Zulässigkeit einer Änderung ohne Vergabeverfahren davon abhängig, dass deren Wert einen bestimmten Prozentsatz des Wertes des ursprünglichen Auftrags nicht übersteigt. In diesem Zusammenhang kommt es nicht auf den geschätzten Auftragswert, sondern auf den „Zuschlagswert“ an, also auf den Preis, der im dem durch Zuschlag zustande gekommen Vertrag vereinbart wurde, und zwar auf den Nettopreis.

Enthält der Vertrag eine Indexierungsklausel (Preisgleitklausel), ist Berechnungsgrundlage der jeweils entsprechend angepasste Preis (§ 132 Abs. 4 GWB). Dies soll nach dem Wortlaut der Norm allerdings nur gelten, wenn der angepasste Preis zugleich der höhere ist. Dies würde bedeuten, dass der Zuschlagswert maßgeblich bliebe, wenn die Anwendung einer Indexierungsklausel zu einer Preissenkung führt. Ob dies gewollt war, ist fraglich. Vermutlich hat man in Berlin die Möglichkeit einer Preissenkung nicht bedacht und unbewusst „angepasst“ mit „höher“ gleichgesetzt.

Losvergabe

Hatte der Auftraggeber den Gesamtauftrag in Lose (§ 97 Abs. 4 GWB) aufgeteilt und betrifft die Änderung nur ein Los, ist fraglich, ob Berechnungsgrundlage der Gesamtauftragswert oder der Teilwert des Loses ist. Diese Frage kann verbindlich nur die Rechtsprechung entscheiden. Für die Zugrundelegung des Gesamtauftragswerts spricht, dass die Grenzen einer Auftragsänderung ohne Ausschreibung nicht im Einzelfall davon abhängig gemacht werden dürfen, ob der Auftraggeber überhaupt Lose gebildet und wie er sie gegebenenfalls zugeschnitten hat. Zudem ändert die Aufteilung in Fachlose wie Rohbau, Heizung und Aufzüge nichts daran, dass nur ein Bauauftrag mit einem einzigen Auftragswert vergeben wird.

 

Gesamtcharakter des Auftrags

Einige der in § 132 Abs. 2 GWB aufgeführten Ausnahmefälle und § 132 Abs. 3 GWB lassen eine Auftragsänderung ohne Vergabeverfahren nur dann zu, wenn sich der Gesamtcharakter der Auftrags nicht ändert. Was damit gemeint sein könnte, überlässt der Gesetzgeber der Phantasie des Lesers. Man kann vermuten, dass es in Wesentlichen um Konstellationen geht, die zu einer Änderung des Vertragstyps führen.

Beispiel:

Ein Auftrag umfasst Bau- und Dienstleistungen. Hauptgegenstand ist zunächst das Bauelement, weshalb gemäß § 110 GWB ein Bauauftrag vorliegt. Nachträgliche Änderungen rücken jedoch das Dienstleistungselement so in den Vordergrund, dass aus dem Bauauftrag ein Dienstleistungsauftrag wird. Damit ändert sich auch der Gesamtcharakter des Auftrags.

Eine Änderung des Gesamtcharakters dürfte auch vorliegen, wenn durch eine Änderung der Gegenleistung aus einem Auftrag eine Konzession (oder umgekehrt) wird.

Autor

Hermann Summa ist Richter und neben seiner Tätigkeit in einem Strafsenat seit dem 01.01.1999 ununterbrochen Mitglied des Vergabesenats des Oberlandesgericht Koblenz. Bekannt wurde er als (Mit)Autor und -herausgeber des jurisPK Vergaberecht, vergaberechtlicher Fachbücher und der Zeitschrift Vergabepraxis & -recht sowie als Referent bei vergaberechtlichen Veranstaltungen. Inzwischen ist er auch in der Ausbildung angehender Fachanwälte für Vergaberecht tätig.

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