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Aufhebung einer Ausschreibung

Der öffentliche Auftraggeber steht nicht selten in der Situation, ein Vergabeverfahren vor Zuschlagserteilung aufzuheben. Hierbei stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Aufhebung der Ausschreibung rechtlich möglich ist und welche Folgen es haben kann.

Grundsatz: Keine Pflicht zum Vertragsschluss

Der öffentliche Auftraggeber ist grundsätzlich nicht verpflichtet, ein Vergabeverfahren mit einem Zuschlag zu beenden. Da es sich bei der Beschaffung öffentlicher Aufträge in erster Linie um reines Privatrecht handelt, gilt der Grundsatz der Vertragsfreiheit auch für den öffentliche Auftraggeber. Dieser kann von seinem Beschaffungsvorhaben jederzeit wieder Abstand nehmen, wenn er die beabsichtigte Leistung doch nicht mehr benötigt. In Betracht kommt eine Abstandnahme vom Vergabeverfahren auch dann, wenn die Vergabeunterlagen so fehlerhaft oder unvollständig sind, dass eine Korrektur anders als durch eine Neueinleitung des Verfahrens nicht möglich ist. Schließlich kann das Verfahren auch dann nicht durch einen Zuschlag beendet werden, wenn keine oder keine wertbaren Angebote abgegeben wurden.

Kann der Auftraggeber aus den oben genannten Gründen keinen Zuschlag erteilen, muss er das Vergabeverfahren aufheben. Er hat die Bieter über die Gründe für die Aufhebung unverzüglich nach der Aufhebung zu unterrichten. Darüber hinaus hat er mitzuteilen, ob er auf die Auftragsvergabe ganz verzichtet, oder ein neues Verfahren einleiten wird (§ 63 Abs. 2 VgV). Der Auftraggeber kann ein Vergabeverfahren jederzeit ganz oder auch nur teilweise aufheben.

 

 

Einfach abhaken- der Ablauf einer Rüge

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Gründe für eine Aufhebung

Selbst wenn der Auftraggeber jederzeit das Vergabeverfahren beenden kann, sieht § 63 VgV dennoch bestimmte Aufhebungsgründe vor. Dies hat der Hintergrund, dass man die Bieter vor willkürlichen Aufhebungen schützen möchte, da diese einen zum Teil nicht unerheblichen Aufwand bei der Angebotserstellung hatten.

Ein Aufhebungsgrund ist gegeben, wenn

  • Kein Angebot eingegangen ist, das den Bedingungen entspricht (keine Angebote, Angeboten, die der Leistungsbeschreibung nicht entsprechen, oder die auszuschließen sind)
  • Sich die Grundlagen des Vergabeverfahrens wesentlich geändert haben (z.B. wenn Art und Umfang der Leistung sich wesentlich verändert)
  • Kein wirtschaftliches Ergebnis erzielt wurde (z.B. weil das zur Verfügung stehende Budget überschritten wurde)
  • Andere schwerwiegende Gründe bestehen

Liegt keiner der aufgelisteten Aufhebungsgründe vor, können die Bieter Schadensersatzansprüche geltend machen.

Folgen einer Aufhebung

Die Aufhebung beendet das Vergabeverfahren mit sofortiger Wirkung. Nur im Ausnahmefall kann die Vergabekammer im Rahmen eines Nachprüfungsantrags eine Aufhebung wieder rückgängig machen („Aufhebung der Aufhebung“), wenn die Aufhebung offensichtlich willkürlich war und der Auftraggeber die Leistung immer noch unverändert beschaffen möchte (z.B. bei einer Aufhebung, nur um einen unliebsamen Bieter loszuwerden).

Sollten keine Gründe für die Aufhebung gegeben sein, können die Bieter vor den Zivilgerichten auf Schadensersatz klagen. Sie sind dafür darlegungs- und beweispflichtig. Grundsätzlich können sie nur das sog. „negative Interesse“ geltend machen, d.h. die Aufwände, die sie für die Angebotserstellung hatten. Die Höhe dieser Aufwände müssen sie konkret nachweisen. Nur im Ausnahmefall kann auch das „positive Interesse“ geltend gemacht werden, d.h. der entgangene Gewinn, wenn der Bieter beweisen kann, dass er ohne Aufhebung den Zuschlag hätte erhalten müssen und der Auftraggeber auch weiterhin beabsichtigt, die Leistung zu beschaffen.

Informationen und Beratung zum Vergaberecht erhalten Sie bei FPS Rechtsanwälte und Notare, Berlin, Frankfurt, Hamburg, Düsseldorf, unter vergaberecht@fps-law.de.