Fachbeitrag

eRechnung: Pflicht soll auch im B2B schnell kommen!

Die öffentliche Beschaffung ist bisher Vorreiter: Die EU-Richtlinie 2014/55/EU über die elektronische Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen verpflichtet öffentliche Auftraggeber seit dem 18. April 2020, bei Oberschwellenverfahren elektronische Rechnungen (eRechnungen) zu akzeptieren.

Das bedeutet konkret: Wenn der geschätzte Nettoauftragswert öffentlicher Aufträge den geltenden EU-Schwellenwert erreicht oder übersteigt, müssen die öffentlichen Auftraggeber diese Aufträge EU-weit ausschreiben und eRechnungen annehmen.

Die Unterschwellenvergabeordnung regelt wiederum die Vergabeverfahren von Liefer- und Dienstleistungsaufträgen unterhalb der EU-Schwellenwerte. Einige Bundesländer haben die Pflicht zur eRechnung inzwischen hierauf ausgeweitet.

 

Wachstumschancengesetz

Der Bundestag verabschiedete am 17. November 2023 das „Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness“ (Wachstumschancengesetz). Die nachfolgenden Ausführungen berücksichtigen diesen Stand. Der Bundesrat verwies das Gesetz am 24. November 2023 in den Vermittlungsausschuss, der das Verfahren nicht zeitnah durchführen kann: Das neue Gesetz ist somit nicht wie avisiert zum 1. Januar 2024 in Kraft getreten.

Es verfolgt die Ziele,

  • den Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken,
  • bestehende Möglichkeiten der Digitalisierung in der Wirtschaft zu fördern und
  • den Umsatzsteuerbetrug zu bekämpfen.

In der Folge soll durch das Novellieren des Umsatzsteuergesetzes (UStG) sowie der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung die obligatorische eRechnung im B2B-Bereich für inländische Rechnungen zum 1. Januar 2025 eingeführt werden. Somit sind in Deutschland ansässige Unternehmer verpflichtet, eRechnungen auszustellen, wenn sie Umsätze an andere im Inland ansässige Unternehmen erbringen. In 2028 soll dann ein Meldesystem zum Bekämpfen des Umsatzsteuerbetrugs folgen.

Hintergrund dafür ist die ViDA-Initiative der EU-Kommission, die eine einheitliche EU-Mehrwertsteuerregistrierung anstrebt. Dieses elektronische System soll nach dem bisherigen Zeitplan ebenfalls 2028 in Kraft treten. In Vorbereitung darauf ist bereits ab 2024 ein geänderter Begriff für “elektronische Rechnung” vorgesehen. Die Inhalte im Wachstumschancengesetz erfolgen im Vorgriff auf die EU-weiten ViDA-Maßnahmen – mit Hilfe einer Genehmigung durch den EU-Rat.

Was ist künftig eine eRechnung?

Die neuen Definitionen unterscheiden ab dem 1. Januar 2025 zwischen eRechnungen und sonstigen Rechnungen.

  • Sonstige Rechnungen: Dazu gehören Rechnungen in Papierform oder in einem anderen elektronischen Format als dem für die eRechnung Achtung: Eine per E-Mail versandte Rechnung im pdf-Format gilt ab 2025 nicht mehr als eRechnung!
  • eRechnungen: sind künftig Rechnungen, die in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen werden sowie ihr elektronisches Verarbeiten ermöglichen. Das Format muss der europäischen Norm für die elektronische Rechnungsstellung und der Liste der entsprechenden Syntaxen gemäß der Richtlinie 2014/55/EU – und damit der CEN-Norm EN 16931 – entsprechen.

Das Format der eRechnung kann auch zwischen Rechnungssteller und Rechnungsempfänger vereinbart werden. Voraussetzung dafür ist, dass sich diese Rechnungen mit den nach dem UStG erforderlichen Angaben richtig und vollständig in ein Format extrahieren lassen, das der europäischen Norm entspricht oder mit ihr interoperabel ist. Das gilt zum Beispiel für über das EDI-Verfahren ausgestellte Rechnungen.

Die Anforderungen des Wachstumschancengesetzes erfüllen beispielsweise schon

  • die XRechnung (Auszeichnungssprache XML-basiertes semantisches Datenmodell), die sich als Standard für eRechnungen etabliert und insbesondere im Austausch in der öffentlichen Beschaffung in Deutschland verwendet wird, oder
  • das „ZUGFeRD“-Format ab Version 2.0.1 (eine Kombination aus pdf-Dokument und XML-Datei).

 

Wer ist von der Pflicht zur eRechnung betroffen?

Grundsätzlich sind Unternehmer berechtigt, für eine erbrachte Lieferung oder Leistung eine Rechnung auszustellen. Für ihre Rechnungstellung haben sie ab der Ausführung sechs Monate Zeit. Im Wachstumschancengesetz neu ist allein die Pflicht zur eRechnung zwischen im Inland ansässigen Unternehmern (B2B).

Vom Ausstellen einer eRechnung sind künftig auch Vermieter betroffen, die steuerpflichtig an andere Unternehmer vermieten. Keine Pflicht besteht bei einer umsatzsteuerlichen Registrierung in Deutschland ohne gleichzeitige Ansässigkeit.

 

Was gilt ab wann für die Rechnungssteller?

Die generelle Verpflichtung zur eRechnung gilt ab dem 1. Januar 2025. Für die Jahre 2025 bis 2027 gibt es folgende Übergangsregelungen:

  • Für in 2025 und 2026 ausgeführte B2B-Umsätze dürfen bis Ende 2026 weiterhin Papierrechnungen geschickt werden. Auch eRechnungen, die nicht dem neu gewünschten Format entsprechen, bleiben zulässig. Hierfür ist (wie bisher) die Zustimmung des Rechnungsempfängers notwendig.
  • Bis Ende 2027 gelten die gerade genannten Regelungen für Umsätze in den Jahren 2026 und 2027 weiter, wenn der Rechnungssteller einen Vorjahresumsatz von insgesamt maximal 800.000 Euro hat. Wird dieser Wert überschritten, dürfen Unternehmer noch Rechnungen ausstellen, die mittels elektronischem Datenaustausch (EDI-Verfahren) übermittelt werden.

Ab 2028 sind die neuen eRechnungen Pflicht. Das schafft die Voraussetzungen für das im Koalitionsvertrag vorgesehene Meldesystem und die EU-seitig geplanten ViDA-Maßnahmen.

Was gilt für die Empfänger von Rechnungen?

  • Inländische unternehmerische Rechnungsempfänger müssen – ohne ihre Zustimmung – ab dem 1. Januar 2025 in der Lage sein, eRechnungen nach den neuen Vorgaben zu empfangen und zu verarbeiten, wenn ein inländischer Rechnungssteller die genannten Übergangsregelungen nicht in Anspruch nimmt.
  • Eine Zustimmung wird nur noch für eRechnungen benötigt, die nicht den neuen Vorgaben entsprechen, und wenn keine eRechnungspflicht besteht (bestimmte steuerfreie Umsätze, Kleinbetragsrechnungen).
  • Bei Rechnungen an Endverbraucher (B2C) bleibt deren Zustimmung Voraussetzung für die elektronische Rechnungstellung. Weiterhin zulässig sind nach vorheriger Vereinbarung eine Abrechnung per Gutschrift sowie eine Rechnungstellung durch Dritte im Namen und für Rechnung des Unternehmers.

 

Ausblick

Es empfiehlt sich, die für eine eRechnung notwendigen Projektstrukturen schon jetzt zu implementieren, um so die nationale und EU-seitige Gesetzgebung zu erfüllen. Darüber hinaus erwarten auch Unternehmen zunehmend von ihren Geschäftspartnern, eRechnungen empfangen und versenden zu können.

Der Bundesrat sprach sich dafür aus, die obligatorische eRechnung sowie deren Empfang erst ab 2027 verpflichtend einzuführen, damit den betroffenen Unternehmen mehr Zeit für das Umsetzen der technischen und organisatorischen Maßnahmen gegeben wird: Zum einen hat das Überarbeiten der CEN-Norm EN 16931 für den B2B-Bereich erst begonnen und wird möglicherweise Ende 2024 oder später abgeschlossen. Zum anderen wird auf EU-Ebene diskutiert, die für 2028 vorgesehenen ViDA-Maßnahmen um ein bis zwei Jahre nach hinten zu verschieben.

Autor

1973 in Darmstadt geboren. Architekturstudium an der TU Darmstadt, Diplom 2001. Berufsbegleitendes Fernstudium PR+plus, 2004 Abschluss als PR-Beraterin (DPRG). Ab 2001 kontinuierlich in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit tätig, seit 2006 freie Journalistin, Autorin und Leiterin des Büros „Smart Skript – Fachkommunikation für Architektur und Energie“: Konzepte, Redaktion, Veranstaltungen. Homepage: https://www.smartskript.de/

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