Grundsätzlich herrscht im Vertragsrecht der Grundsatz der Vertragsfreiheit. Das heißt, beide Vertragsparteien haben freie Hand in der Gestaltung des Vertrages, etwa im Bereich der Dauer der Gültigkeit des Vertrages. Ist einer der Vertragspartner jedoch ein öffentlicher Auftraggeber, so setzen das Wettbewerbs- und Haushaltsrecht aufgrund des Vergaberechts bei den Vertragslaufzeiten Grenzen. Auch Unternehmen sollten diese Grenzen unbedingt kennen.
Vorgaben zu Vertragslaufzeiten
Vorgaben zu den Vertragslaufzeiten finden sich in § 21 VgV sowie § 15 UVgO. Bei Aufträgen, die aus europaweiten Vergaben resultieren, darf die Laufzeit einer Rahmenvereinbarung (siehe VgV) höchstens vier Jahre betragen. Außer, es liegt ein im Gegenstand der Rahmenvereinbarung begründeter Sonderfall vor. Die VOL/A regelt dies nahezu wortgleich. Die neue UVgO hingegen setzt für Aufträge, die aus nationalen Vergaben entstehen die Grenze auf sechs Jahre hoch. Auch § 3 VgV sieht für die Schätzung des Auftragswertes, der für die Wahl der richtigen Vergabeart relevant ist, bei Rahmenvereinbarungen sowie anderen Dauerschuldverhältnissen und Aufträgen die Laufzeit von höchstens vier Jahren vor.
Die Rede ist jedoch ausdrücklich von Rahmenvereinbarungen, bei denen die Rahmenbedingungen eines Vertrags vereinbart werden und aus denen dann einzelne Leistungen während der Vertragslaufzeit vom öffentlichen Auftraggeber abgerufen werden können. Unter Rahmenvereinbarungen fallen nicht sämtliche (Dauer-)Verträge. Daher gibt es für unbefristete Verträge, die keine Rahmenvereinbarungen sind, zunächst weder vergaberechtlich noch haushaltsrechtlich konkrete Vorgaben in Bezug auf die Höchstlaufzeit.
Sinn, Zweck sowie Festlegung von Vertragslaufzeiten
Zum einen sollten begrenzte Vertragslaufzeiten bewirken, dass andere Wettbewerber nicht vollständig für einen sehr langen Zeitraum von der Leistung ausgeschlossen werden. Zum anderen sollen sie die Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit der Leistung durch häufigeren Unternehmerwechsel gewährleisten. Zudem sollen sich durch die begrenzten Vertragslaufzeiten die Anschaffung und die damit verbundenen Kosten für den öffentlichen Auftraggeber amortisieren.
Der Markt sowie die Marktpreise sind dynamisch und ändern sich stetig. Bei zu langen Vertragslaufzeiten kann das Risiko überhöhter Preise während der Laufzeit und somit der Nichteinhaltung der haushaltsrechtlichen Vorgaben entstehen. Daher sind die Vertragslaufzeiten grundsätzlich unter Berücksichtigung der Gesamtumstände und insbesondere unter Einhaltung der vergaberechtlichen Höchstgrenzen jeder einzelnen Beschaffung festzulegen.
Die Ausnahme längerer Vertragslaufzeiten für Rahmenvereinbarungen als 4 Jahre nach der VgV, VOL/A sowie 6 Jahre nach der UVgO kann dann vorliegen, wenn der Auftragsgegenstand die Festlegung solcher längeren Laufzeiten zulässt. Das kann bei komplexen Anschaffungen in der IT der Fall sein, wenn sich der Beschaffungsgegenstand erst nach mehr als 4 bzw. 6 Jahren amortisiert.
Änderungen der Laufzeit während der Vertragsdurchführung
Änderungen der Vertragsdauer während der Vertragslaufzeit sind nur schwer umsetzbar. Grundlage hierfür sind § 132 GWB, 47 UVgO und § 22 VOB/A. Daher sollten bereits bei Einleitung des Vergabeverfahrens, Verlängerungsoptionen einkalkuliert werden, von denen nach Zuschlag Gebrauch gemacht werden kann. Diese ermöglichen bei entsprechender Formulierung sogar eine einseitige Verlängerung des Vertrags ohne ein erneutes Vergabeverfahren. Die VOL/A enthält keine ausdrücklichen Regelungen zu Nachträgen.
Im Übrigen müssen aber die Anforderungen an die vergaberechtlich zulässigen Nachträge erfüllt sein. Zulässig sind Änderungen der Vertragslaufzeiten dann, wenn die Änderung unwesentlich ist. Unwesentlich ist eine Änderung insbesondere dann, wenn der Wert der Änderung bei Liefer- und Dienstleistungen nicht mehr als 10 Prozent und bei Bauleistungen nicht mehr als 15 Prozent des ursprünglichen Auftragswertes beträgt.
Darüber hinaus ist eine Änderung zulässig, wenn sie nicht in den ursprünglichen Vergabeunterlagen vorgesehen war, aber erforderlich ist, und ein Wechsel des Auftragnehmers aus wirtschaftlichen/technischen Gründen nicht erfolgen kann und mit erheblichen Schwierigkeiten oder beträchtlichen Zusatzkosten verbunden wäre, wie zu Beispiel bei dem Umzug eines Rechenzentrums.
Zudem ist eine Änderung zulässig, wenn sie aufgrund von unvorhergesehenen Umständen erforderlich geworden ist und sich der Gesamtcharakter des Vertrags nicht ändert, wie zum Beispiel bei kontaminierten Böden oder Altlasten, die im Laufe der Bauphase zu Tage treten und beseitigt werden müssen.
Fazit
Bieter sollten bei Abgabe eines Angebots für eine Leistung, die in Form einer Rahmenvereinbarung zu erbringen ist, prüfen, ob ein marktgerechtes Angebot möglich ist. Sollten Bedenken hinsichtlich vorgegeben Vertragslaufzeiten bestehen und eine ordnungsgemäße Kalkulation unmöglich machen, so ist der Auftraggeber im Rahmen einer Bieterfrage bzw. Rüge darauf hinzuweisen. Ergibt dies keine befriedigende Lösung, so kann auch der Weg über ein Nachprüfungsverfahren genutzt werden.
Grundsätzlich herrscht im Vertragsrecht der Grundsatz der Vertragsfreiheit. Das heißt, beide Vertragsparteien haben freie Hand in der Gestaltung des Vertrages, etwa im Bereich der Dauer der Gültigkeit des Vertrages. Ist einer der Vertragspartner jedoch ein öffentlicher Auftraggeber, so setzen das Wettbewerbs- und Haushaltsrecht aufgrund des Vergaberechts bei den Vertragslaufzeiten Grenzen. Auch Unternehmen sollten diese Grenzen unbedingt kennen.
Als Prüfer, insbesondere der Vergaberechtsstelle, lag sein Schwerpunkt mehrere Jahre in den Bereichen Zuwendungs-, Vergabe- und EU-Beihilfenrecht. Jetzt ist Michael Pilarski als Volljurist in der Rechtsabteilung der NBank in den Bereichen Vergabe-, Vertrags- sowie Auslagerungsmanagement tätig. Darüber hinaus sitzt er der Vergabekammer Niedersachsen bei, ist zugelassener Rechtsanwalt, übernimmt Referententätigkeiten sowie Schulungen im Zuwendungs- und Vergaberecht und ist Autor verschiedener Veröffentlichungen.Homepage: https://www.kanzlei-pilarski.de/de/