Fachbeitrag

Die Behinderungsanzeige

Abzugrenzen ist die Behinderungsanzeige von der Bedenkenhinweispflicht des Auftragnehmers. Der Bedenkenhinweis durch den Auftragnehmer führt zu einer Beschränkung seiner Gewährleistungsverpflichtung. Ist ein Mangel der Leistung auf die Leistungsbeschreibung oder auf Anordnungen des Auftraggebers, auf die von diesem gelieferten oder vorgeschriebenen Stoffe oder Bauteile oder die Beschaffenheit der Vorleistung eines anderen Unternehmers oder des Auftraggebers selbst zurückzuführen, haftet der Auftragnehmer nach § 13 Abs. 3 VOB/B (aber auch im BGB-Werkvertrag), es sei denn, er hat nach § 4 Abs. 3 VOB/B auf Bedenken gegen die vorgesehene Art der Ausführung schriftlich hingewiesen. Hat der Auftragnehmer also Bedenken gegen die vom Auftraggeber vorgegebene Ausführungsart angezeigt und beharrt der Auftraggeber trotzdem auf der ursprünglich geplanten Ausführungsart, haftet der Auftragnehmer nicht für Mängel, die Folge dieser Ausführungsart sind.

Folgen der Behinderungsanzeige

(1) Soweit der Auftragnehmer die Behinderung unverzüglich schriftlich gegenüber dem Auftraggeber anzeigt, verlängern sich nach § 6 Abs. 2 VOB/B die Ausführungsfristen für die Dauer der Behinderung. Die Vereinbarung vertraglicher Fertigstellungsfristen ist oftmals mit der Vereinbarung einer Vertragsstrafe verbunden, die für den Fall anfällt, dass der Auftragnehmer die vereinbarte Fertigstellungsfrist schuldhaft nicht einhält. Da sich die vertragliche Fertigstellungsfrist um die Dauer der Behinderung verlängert, wird der Fertigstellungszeitpunkt entsprechend der Dauer der Behinderung nach hinten verschoben, so dass auch die vereinbarte Vertragsstrafe nicht anfällt, wenn der ursprünglich vereinbarte Fertigstellungstermin überschritten wird.

(2) Die Behinderungsanzeige ist unabdingbare Voraussetzung für die Geltendmachung von Ansprüchen durch den Auftragnehmer aus gestörtem Bauablauf. Soweit die Behinderung aus der Sphäre des Auftraggebers stammt, kommen grundsätzlich Ersatzansprüche des Auftragnehmers für Mehraufwendungen, die kausal auf die Behinderung zurückzuführen sind, aus § 2 Abs. 5 VOB/B, § 6 Abs. 6 VOB/B oder § 642 BGB in Betracht. Da solche Ansprüche aus gestörtem Bauablauf nur dann durchsetzbar sind, wenn die Art der Behinderung und die Behinderungsdauer später nachgewiesen werden kann, setzt die Geltendmachung solcher Ersatzansprüche eine unverzügliche schriftliche Behinderungsanzeige und die Abmeldung der Behinderung voraus.

Offenkundige Behinderung

Sind dem Auftraggeber die Behinderungen und deren Wirkung offenkundig, muss der Auftraggeber nicht informiert und gewarnt werden; die Anzeige ist dann nach § 6 Abs. 1 Satz 2 VOB/B entbehrlich. Eine Behinderung ist offenkundig, wenn sich der Auftraggeber wiederholt auf der Baustelle von den hinderten Umständen in Kenntnis gesetzt hat und diese mit ihm erörtert worden sind. Da es sich hier um einen Ausnahmetatbestand handelt, sind an den Vortrag und den Nachweis der Offenkundigkeit allerdings strenge Anforderungen zu stellen. Insbesondere muss die Offenkundigkeit nicht nur die Behinderung, sondern auch deren Wirkung umfassen, was oft nicht der Fall ist.

Unterbliebene Behinderungsanzeige

Fehlt die Voraussetzung der Offenkundigkeit und wird die Anzeigepflicht vom Auftragnehmer verletzt, kann er keine eigenen Rechte aus der Behinderung geltend machen. Allerdings bleibt dem Auftragnehmer bei der Abwehr von Ansprüchen des Auftraggebers, insbesondere Vertragsstrafenansprüche und Schadensersatzansprüche aus Verzug, der Einwand erhalten, dass er keine Ursache für die Behinderung gesetzt oder diese nicht verschuldet hat. Dadurch kann der Auftragnehmer dem Vertragsstrafenanspruch des Auftraggebers bei Behinderungen aus Umständen, die der Sphäre des Auftraggebers zuzuordnen sind, weiter entgegentreteten. Er kann allerdings keine eigenen Ansprüche wegen gestörtem Ablauf gegen den Auftraggeberverfolgen.

Zurückweisung von Behinderungsanzeigen

Eine Zurückweisung von Behinderungsanzeigen des Auftragnehmers durch den Auftraggeber haben keine Auswirkungen auf die Wirkung der Behinderungsanzeige. Die Behinderungsanzeige ist eine einseitige Erklärung des Auftragnehmers. Der Auftraggeber braucht grundsätzlich auf die Behinderungsanzeige überhaupt nicht zu reagieren. Soweit der Auftraggebers das Vorliegen behindernder Umstände bestreitet oder geltend macht, die Behinderung stamme nicht aus seiner Sphäre, kann er diese Einwendungen gegen die Behinderungsanzeige auch zu einem späteren Zeitpunkt erheben, insbesondere an dem vertraglich vereinbarten Fertigstellungstermin festhalten und Ansprüche des Auftragnehmers aus gestörtem Bauablauf als unbegründet zurückweisen.

 

Menold Bezler ist eine Full Service-Rechtsanwalts- und Notarkanzlei mit mehr als 90 Berufsträgern und Sitz in Stuttgart. Neben dem Mittelstand und größeren Familienbetrieben berät die Sozietät insbesondere auch die öffentliche Hand und ihre Unternehmen in allen Organisations- und Rechtsfragen. Die spezialisierten Anwälte verfügen zum großen Teil über mehr als 20 Jahre Erfahrung, insbesondere in den Bereichen Vergabe-, Beihilfen- sowie Öffentliches Recht und werden regelmäßig in der Fachpresse empfohlen.

Abzugrenzen ist die Behinderungsanzeige von der Bedenkenhinweispflicht des Auftragnehmers. Der Bedenkenhinweis durch den Auftragnehmer führt zu einer Beschränkung seiner Gewährleistungsverpflichtung. Ist ein Mangel der Leistung auf die Leistungsbeschreibung oder auf Anordnungen des Auftraggebers, auf die von diesem gelieferten oder vorgeschriebenen Stoffe oder Bauteile oder die Beschaffenheit der Vorleistung eines anderen Unternehmers oder des Auftraggebers selbst zurückzuführen, haftet der Auftragnehmer nach § 13 Abs. 3 VOB/B (aber auch im BGB-Werkvertrag), es sei denn, er hat nach § 4 Abs. 3 VOB/B auf Bedenken gegen die vorgesehene Art der Ausführung schriftlich hingewiesen. Hat der Auftragnehmer also Bedenken gegen die vom Auftraggeber vorgegebene Ausführungsart angezeigt und beharrt der Auftraggeber trotzdem auf der ursprünglich geplanten Ausführungsart, haftet der Auftragnehmer nicht für Mängel, die Folge dieser Ausführungsart sind.

Folgen der Behinderungsanzeige

(1) Soweit der Auftragnehmer die Behinderung unverzüglich schriftlich gegenüber dem Auftraggeber anzeigt, verlängern sich nach § 6 Abs. 2 VOB/B die Ausführungsfristen für die Dauer der Behinderung. Die Vereinbarung vertraglicher Fertigstellungsfristen ist oftmals mit der Vereinbarung einer Vertragsstrafe verbunden, die für den Fall anfällt, dass der Auftragnehmer die vereinbarte Fertigstellungsfrist schuldhaft nicht einhält. Da sich die vertragliche Fertigstellungsfrist um die Dauer der Behinderung verlängert, wird der Fertigstellungszeitpunkt entsprechend der Dauer der Behinderung nach hinten verschoben, so dass auch die vereinbarte Vertragsstrafe nicht anfällt, wenn der ursprünglich vereinbarte Fertigstellungstermin überschritten wird.

(2) Die Behinderungsanzeige ist unabdingbare Voraussetzung für die Geltendmachung von Ansprüchen durch den Auftragnehmer aus gestörtem Bauablauf. Soweit die Behinderung aus der Sphäre des Auftraggebers stammt, kommen grundsätzlich Ersatzansprüche des Auftragnehmers für Mehraufwendungen, die kausal auf die Behinderung zurückzuführen sind, aus § 2 Abs. 5 VOB/B, § 6 Abs. 6 VOB/B oder § 642 BGB in Betracht. Da solche Ansprüche aus gestörtem Bauablauf nur dann durchsetzbar sind, wenn die Art der Behinderung und die Behinderungsdauer später nachgewiesen werden kann, setzt die Geltendmachung solcher Ersatzansprüche eine unverzügliche schriftliche Behinderungsanzeige und die Abmeldung der Behinderung voraus.

 

Offenkundige Behinderung

Sind dem Auftraggeber die Behinderungen und deren Wirkung offenkundig, muss der Auftraggeber nicht informiert und gewarnt werden; die Anzeige ist dann nach § 6 Abs. 1 Satz 2 VOB/B entbehrlich. Eine Behinderung ist offenkundig, wenn sich der Auftraggeber wiederholt auf der Baustelle von den hinderten Umständen in Kenntnis gesetzt hat und diese mit ihm erörtert worden sind. Da es sich hier um einen Ausnahmetatbestand handelt, sind an den Vortrag und den Nachweis der Offenkundigkeit allerdings strenge Anforderungen zu stellen. Insbesondere muss die Offenkundigkeit nicht nur die Behinderung, sondern auch deren Wirkung umfassen, was oft nicht der Fall ist.

Unterbliebene Behinderungsanzeige

Fehlt die Voraussetzung der Offenkundigkeit und wird die Anzeigepflicht vom Auftragnehmer verletzt, kann er keine eigenen Rechte aus der Behinderung geltend machen. Allerdings bleibt dem Auftragnehmer bei der Abwehr von Ansprüchen des Auftraggebers, insbesondere Vertragsstrafenansprüche und Schadensersatzansprüche aus Verzug, der Einwand erhalten, dass er keine Ursache für die Behinderung gesetzt oder diese nicht verschuldet hat. Dadurch kann der Auftragnehmer dem Vertragsstrafenanspruch des Auftraggebers bei Behinderungen aus Umständen, die der Sphäre des Auftraggebers zuzuordnen sind, weiter entgegentreteten. Er kann allerdings keine eigenen Ansprüche wegen gestörtem Ablauf gegen den Auftraggeberverfolgen.

Zurückweisung von Behinderungsanzeigen

Eine Zurückweisung von Behinderungsanzeigen des Auftragnehmers durch den Auftraggeber haben keine Auswirkungen auf die Wirkung der Behinderungsanzeige. Die Behinderungsanzeige ist eine einseitige Erklärung des Auftragnehmers. Der Auftraggeber braucht grundsätzlich auf die Behinderungsanzeige überhaupt nicht zu reagieren. Soweit der Auftraggebers das Vorliegen behindernder Umstände bestreitet oder geltend macht, die Behinderung stamme nicht aus seiner Sphäre, kann er diese Einwendungen gegen die Behinderungsanzeige auch zu einem späteren Zeitpunkt erheben, insbesondere an dem vertraglich vereinbarten Fertigstellungstermin festhalten und Ansprüche des Auftragnehmers aus gestörtem Bauablauf als unbegründet zurückweisen.

 

Menold Bezler ist eine Full Service-Rechtsanwalts- und Notarkanzlei mit mehr als 90 Berufsträgern und Sitz in Stuttgart. Neben dem Mittelstand und größeren Familienbetrieben berät die Sozietät insbesondere auch die öffentliche Hand und ihre Unternehmen in allen Organisations- und Rechtsfragen. Die spezialisierten Anwälte verfügen zum großen Teil über mehr als 20 Jahre Erfahrung, insbesondere in den Bereichen Vergabe-, Beihilfen- sowie Öffentliches Recht und werden regelmäßig in der Fachpresse empfohlen.

Autor

Alexander Knodel ist Rechtsanwalt und Partner bei Menold Bezler Rechtsanwälte Partnerschaft mbB. Außerdem ist er Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht. Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt liegt auf dem Gebiet des privaten Baurechts und des Architekten-/Ingenieur-/Projektsteuerungsrechts (Beratung und Gestaltung von Verträgen, Beratung bei Honorar- und Haftungsfragen), sowie dem Immobilienrecht.

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