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Vergaberecht, aktuelle Urteile

Neues zu den Eignungserklärungen

Das Bayerische Oberste Landesgericht befasste sich mit dem Dauerbrenner „Ausschluss wegen fehlender Eignung nach § 57 Abs. 1 VgV".

Was ist passiert?

Der Antragsgegner schrieb als Dienstleistungsauftrag die Einsammlung von Haus- und Bioabfällen im offenen Verfahren europaweit aus. Im Rahmen der EU-Auftragsbekanntmachung war hinsichtlich der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit Folgendes verlangt: „Angaben zum Gesamtumsatz des Unternehmens sowie zum Umsatz im Bereich der ausgeschriebenen Leistung, jeweils bezogen und aufgegliedert auf die letzten 3 Geschäftsjahre  – Jahresabschluss …“

Die Antragstellerin und die Beigeladene gaben jeweils fristgerecht ein Angebot ab.
Dem Angebot der Beigeladenen war eine Referenzliste mit vier Aufträgen beigefügt, welche die Sammlung von Bio- und Restmüll in vier Städten zum Inhalt hatten. Der Umfang dieser Referenzaufträge war hinsichtlich des Restmülls jeweils deutlich geringer als die im streitgegenständlichen Auftrag zu erbringende Leistung. Selbst die jeweils größte Referenz umfasste bei der Restmüllsammlung und der Biomüllsammlung nur ungefähr ein Fünftel des Umfangs des streitgegenständlichen Auftrags. Mit Schreiben vom 10. März 2022 bat der Antragsgegner die Beigeladene „gemäß § 56 Abs. 2 VgV“, u. a. zu den vergleichbaren Referenzen und Umsätzen im Leistungsbereich Los 1 ergänzend Stellung zu nehmen. Die Beigeladene teilte fristgerecht mit, bei Angabe des Umsatzes für vergleichbare Leistungen habe sie weitere Aufträge einbezogen, nämlich die behältergestützte Papiersammlung über die Blaue Tonne sowie die behältergestützte Sammlung des Gelben Sacks.

Nachdem die Antragstellerin gemäß § 134 GWB darüber informiert worden war, dass beabsichtigt sei, den Zuschlag der Beigeladenen zu erteilen, rügte die Antragstellerin die fehlende Eignung der Beigeladenen. Ausweislich einer Internetrecherche sei sie mit der Einsammlung von Abfällen lediglich in kleineren kreisangehörigen Kommunen beauftragt; soweit diese Leistungen die tonnengestütze Sammlung von Hausmüll oder Biomüll beträfen, seien sie nicht mit den ausgeschriebenen Leistungen vergleichbar. Die Abfuhr von Papiertonnen sei mit der Einsammlung von Hausmüll oder Bioabfall nicht vergleichbar.

Die Entscheidung

Entgegen der Vergabekammer gab das Bayerische Oberste Landesgericht dem Nachprüfungsantrag statt. Das Angebot der Beigeladenen ist nach § 57 Abs. 1 Halbsatz 1 VgV mangels Nachweises ihrer wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit zwingend auszuschließen. Mit der Anforderung, Angaben zu den Umsätzen zu machen, hat der Antragsgegner als materielles Eignungskriterium insbesondere die Höhe der Umsätze festgelegt, die der Bieter in den letzten drei Geschäftsjahren im Bereich der ausgeschriebenen Leistung erwirtschaftet hat. Hat der Auftraggeber – wie hier – keinen Mindestumsatz festgelegt, muss er anhand aller Informationen, die er zu den einzelnen Kriterien der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit (§ 122 Abs. 2 Nr. 2 GWB) erhalten hat, beurteilen, ob der Bieter insoweit geeignet ist. Der anzugebende Umsatz „im Bereich der ausgeschriebenen Leistung“ bezieht sich eindeutig nur auf den Bereich des jeweiligen Loses und umfasst nicht auch Umsätze aus der tonnengestützten Altpapiersammlung. Grundsätzlich gelte, dass Eigenerklärungen, die nicht richtig sind, als Nachweis der Eignung ungeeignet sind. Die Eigenerklärung der Beigeladenen zu den im Bereich der ausgeschriebenen Leistung erwirtschafteten Umsätzen ist objektiv unzutreffend und damit als Nachweis ihrer Eignung ungeeignet.

Praxistipp

Bei der Erstellung eines Angebots ist kritisch zu prüfen, welche Eignungsanforderungen der öffentliche Auftraggeber aufgestellt hat. Im Zweifel ist den Bietern anzuraten, im Wege von Bieterfragen Unklarheiten auszuräumen.

Autor

Menold Bezler Rechtsanwälte Steuerberater Wirtschaftsprüfer Partnerschaft mbB
Dr. Karsten Kayser, Rechtsanwalt und Partner

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