Fachbeitrag

Gefahr für mittelstandsfreundliche Planungsvergabe

Die neue Vergabeverordnung (VgV) wird die Vergabe von Architekten- und Ingenieurleistungen (bisher VOF) integrieren. Kritisch sehen die Kammern und Verbände der planenden Berufe den darin vorgesehenen neuen Ansatz zur Berechnung des Auftragswertes: Wenn künftig die Honorare sämtlicher Planungsleistungen – Architektur, Tragwerk, Haus- und Elektrotechnik, Bodengutachten, Vermessung, Freiflächengestaltung usf. – für ein Bauvorhaben zusammenzuzählen sind und ab dem Schwellenwert von 207.000 Euro europaweit ausgeschrieben werden muss, steht dies einer kleinteiligen und mittelstandsfreundlichen Vergabe entgegen.

Beraterkosten für Vergabeverfahren

Für die typischen Bauaufgaben in kleineren Kommunen wie Kindergartenbau oder Schulsanierung war für die Vergabe von Planungsleistungen bisher selten ein VOF-Verfahren nötig. Der neue Berechnungsansatz werde dies ändern, befürchtet Dr.-Ing. Werner Weigl, Vorstandsmitglied der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau, wenn die Planungskosten, im Fall eines Kindergartens von beispielsweise netto 1,2 Mio. Euro in der Regel 20 Prozent, also 240.000 Euro, als Gesamtposten zu betrachten sind.
Kleinere Verwaltungseinheiten werden für europaweite Ausschreibungen in der Regel externe Beratung benötigen.  „Für die Vergabe einer Planungsleistung von wenigen Tausend Euro entstehen zusätzliche Beraterkosten in ähnlicher Größenordnung.“
Der europäische und der deutsche Gesetzgeber wollen mit der Vergaberechtnovellierung u.a. den Mittelstand fördern. Die Zusammenfassung unterschiedlicher Planungsleistungen zwecks europaweiter Ausschreibung wird aber nicht nur für die öffentliche Auftraggeber den Zeit-, Ressourcen- und Kostenaufwand für Vergabeverfahren erheblich erhöhen, sondern auch die Wettbewerbschancen kleiner und mittlerer Planungsbüros massiv verringern.
Die im Referentenentwurf vorgesehene Neuregelung der VgV überlässt der ausschreibenden Stelle, ob die Leistungen einzeln oder im Paket ausgeschrieben werden. Einzelausschreibung jeder Leistung bedeutet Vielfalt von Vergabeverfahren – weshalb in der Praxis eher mit einer Ausschreibung im Paket zu rechnen sein wird, auch wenn die Vergabestellen dadurch gegen das grundsätzliche Gebot der Teil- und Fachlosvergabe verstoßen. Dr. Weigl: „Die Gefahr besteht, dass die engen Voraussetzungen für eine zulässige Paketvergabe zu großzügig ausgelegt werden.“ Genau deshalb sei damit zu rechnen, dass die Chancen kleiner und mittlerer Büros auf Zuschlag rapide sinken würden.

Ausweichstrategien Generalübernehmer und Generalplaner

Dr.-Ing. Werner Weigl rechnet mit Ausweichstrategien auf Seiten der Ausschreiber. Beispielsweise kann ein Auftraggeber Bau- und Planungsleistungen gemeinsam an einen Generalübernehmer vergeben. Bei Bauvorhaben unterhalb des Schwellenwerts von 5,186 Mio. Euro spart er sich damit die europaweite Ausschreibung, während bisher wenigstens Teile der Planungsleistungen europaweit ausgeschrieben wurden. Und vor allem: „Die bewährte Trennung von Planung und Bauausführung, die zu Baukultur und Bauqualität beiträgt, würde auf dem Altar des Vergaberechts geopfert“, so Dr.-Ing. Weigl.
Alternativ kann ein Auftraggeber sämtliche Planungsleistungen an einen Generalplaner vergeben, wie dies bei europaweiten Ausschreibungen schon seit längerem zu erkennen ist. Die meist regional ausgerichteten deutschen Architektur- und Ingenieurbüros mit zehn bis fünfzehn Mitarbeitern können aber zum allergrößten Teil keine Generalplanerleistungen anbieten und schon gar nicht mit umfangreichen Referenzen hinterlegen.

Politik ist gefragt

Die vorgesehene Berechnung für Planungsleistungen ist weder durch die EuGH-Rechtsprechung noch durch die europäische Vergaberichtlinie vorgegeben. Sie schadet massiv dem Mittelstand und reduziert voraussichtlich die Anzahl europaweiter Planungsausschreibungen.
Die deutsche Politik ist daher gefordert, in der VgV entweder die bisherige getrennte Betrachtung unterschiedlicher Planungsleistungen beizubehalten, so Dr.-Ing. Werner Weigl, oder den Schwellenwert auf etwa 1 Mio. Euro anzuheben.

Die neue Vergabeverordnung (VgV) wird die Vergabe von Architekten- und Ingenieurleistungen (bisher VOF) integrieren. Kritisch sehen die Kammern und Verbände der planenden Berufe den darin vorgesehenen neuen Ansatz zur Berechnung des Auftragswertes: Wenn künftig die Honorare sämtlicher Planungsleistungen – Architektur, Tragwerk, Haus- und Elektrotechnik, Bodengutachten, Vermessung, Freiflächengestaltung usf. – für ein Bauvorhaben zusammenzuzählen sind und ab dem Schwellenwert von 207.000 Euro europaweit ausgeschrieben werden muss, steht dies einer kleinteiligen und mittelstandsfreundlichen Vergabe entgegen.

Beraterkosten für Vergabeverfahren

Für die typischen Bauaufgaben in kleineren Kommunen wie Kindergartenbau oder Schulsanierung war für die Vergabe von Planungsleistungen bisher selten ein VOF-Verfahren nötig. Der neue Berechnungsansatz werde dies ändern, befürchtet Dr.-Ing. Werner Weigl, Vorstandsmitglied der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau, wenn die Planungskosten, im Fall eines Kindergartens von beispielsweise netto 1,2 Mio. Euro in der Regel 20 Prozent, also 240.000 Euro, als Gesamtposten zu betrachten sind.
Kleinere Verwaltungseinheiten werden für europaweite Ausschreibungen in der Regel externe Beratung benötigen.  „Für die Vergabe einer Planungsleistung von wenigen Tausend Euro entstehen zusätzliche Beraterkosten in ähnlicher Größenordnung.“
Der europäische und der deutsche Gesetzgeber wollen mit der Vergaberechtnovellierung u.a. den Mittelstand fördern. Die Zusammenfassung unterschiedlicher Planungsleistungen zwecks europaweiter Ausschreibung wird aber nicht nur für die öffentliche Auftraggeber den Zeit-, Ressourcen- und Kostenaufwand für Vergabeverfahren erheblich erhöhen, sondern auch die Wettbewerbschancen kleiner und mittlerer Planungsbüros massiv verringern.
Die im Referentenentwurf vorgesehene Neuregelung der VgV überlässt der ausschreibenden Stelle, ob die Leistungen einzeln oder im Paket ausgeschrieben werden. Einzelausschreibung jeder Leistung bedeutet Vielfalt von Vergabeverfahren – weshalb in der Praxis eher mit einer Ausschreibung im Paket zu rechnen sein wird, auch wenn die Vergabestellen dadurch gegen das grundsätzliche Gebot der Teil- und Fachlosvergabe verstoßen. Dr. Weigl: „Die Gefahr besteht, dass die engen Voraussetzungen für eine zulässige Paketvergabe zu großzügig ausgelegt werden.“ Genau deshalb sei damit zu rechnen, dass die Chancen kleiner und mittlerer Büros auf Zuschlag rapide sinken würden.

 

Ausweichstrategien Generalübernehmer und Generalplaner

Dr.-Ing. Werner Weigl rechnet mit Ausweichstrategien auf Seiten der Ausschreiber. Beispielsweise kann ein Auftraggeber Bau- und Planungsleistungen gemeinsam an einen Generalübernehmer vergeben. Bei Bauvorhaben unterhalb des Schwellenwerts von 5,186 Mio. Euro spart er sich damit die europaweite Ausschreibung, während bisher wenigstens Teile der Planungsleistungen europaweit ausgeschrieben wurden. Und vor allem: „Die bewährte Trennung von Planung und Bauausführung, die zu Baukultur und Bauqualität beiträgt, würde auf dem Altar des Vergaberechts geopfert“, so Dr.-Ing. Weigl.
Alternativ kann ein Auftraggeber sämtliche Planungsleistungen an einen Generalplaner vergeben, wie dies bei europaweiten Ausschreibungen schon seit längerem zu erkennen ist. Die meist regional ausgerichteten deutschen Architektur- und Ingenieurbüros mit zehn bis fünfzehn Mitarbeitern können aber zum allergrößten Teil keine Generalplanerleistungen anbieten und schon gar nicht mit umfangreichen Referenzen hinterlegen.

Politik ist gefragt

Die vorgesehene Berechnung für Planungsleistungen ist weder durch die EuGH-Rechtsprechung noch durch die europäische Vergaberichtlinie vorgegeben. Sie schadet massiv dem Mittelstand und reduziert voraussichtlich die Anzahl europaweiter Planungsausschreibungen.
Die deutsche Politik ist daher gefordert, in der VgV entweder die bisherige getrennte Betrachtung unterschiedlicher Planungsleistungen beizubehalten, so Dr.-Ing. Werner Weigl, oder den Schwellenwert auf etwa 1 Mio. Euro anzuheben.

Autor

Promotion in Politikwissenschaften. Ressortleiterin (Print, Web) bei der Bayerischen Staatszeitung, u.a. verantwortlich für den Bereich Planen & Bauen, Ausschreibung & Vergabe. Heute freiberufliche Beratungstätigkeit im Bereich Marketing & Kommunikation (online, offline, multimedial), Öffentlichkeitsarbeit & PR, Messe- & Eventmanagement.

Wissen

Diese Beiträge könnten Sie auch interessieren

27.11.2024 | Fachbeitrag

So erkennen Sie, ob die Vertragslaufzeit zulässig ist!

Ist einer der Vertragspartner ein öffentlicher Auftraggeber, gelten für Vertragslaufzeiten eigene Gesetze. Diese sollten Sie auch als Bieter unbedingt kennen.
Mehr erfahren
25.10.2024 | Fachbeitrag

De-Facto-Vergabe: So können sich Bieter wehren

Bei einer De-Facto-Vergabe wird ein öffentlicher Auftrag ohne vorheriges Vergabeverfahren direkt vergeben. Das ist nicht erlaubt. So können Sie sich wehren.
Mehr erfahren
07.10.2024 | Fachbeitrag

6 Tipps, um passende Vergaben auszuwählen

Mit strukturierten Teilnahme-Entscheidungen konzentrieren Sie Ihre Kraft auf Ausschreibungen, bei denen sich die Teilnahme lohnt und erhöhen unmittelbar Ihre Gewinnchancen.
Mehr erfahren
22.08.2024 | Fachbeitrag

Preisrecht und Preisprüfung

Nicht jede Ausschreibung führt zu einem Marktpreis – entscheidend sind die Regelungen des öffentlichen Preisrechts.
Mehr erfahren
09.07.2024 | Fachbeitrag

So vermeiden Sie eine Rechnungskürzung!

Zweifel an fairen Preisen? Öffentliche Auftraggeber können Preisprüfungen beantragen, die oft zu Auftragskürzungen führen. Erfahren Sie, wie Sie sich davor schützen können!
Mehr erfahren
20.05.2024 | Fachbeitrag

Rechtsgrundlagen zur Aufhebung öffentlicher Ausschreibungen

Aufhebung von Vergabeverfahren: Wann sie möglich ist und was Bieter wissen müssen.
Mehr erfahren
23.04.2024 | Fachbeitrag

Eigenerklärungen, EEE, Präqualifikation und Besonderheiten bei zweistufigen Verfahren (Teil 2)

Optimieren Sie Ihre Vergabeerfolge: Umfassender Guide zu EEE, Präqualifikation und strategischer Nutzung von Eigenerklärungen im Vergaberecht
Mehr erfahren
26.03.2024 | Fachbeitrag

Nachweise zur Leistungsfähigkeit, Referenzen und Besonderheiten für Start-ups (Teil 1)

Erfahren Sie, wie Sie die Eignungsprüfung für öffentliche Aufträge meistern. Schlüsselkriterien und Tipps für den Erfolg in Vergabeverfahren
Mehr erfahren
19.02.2024 | Fachbeitrag

Die rechtssichere Baudokumentation: Must-Have für jedes Bauprojekt!

Warum eine umfassende Baudokumentation in Bauprojekten unverzichtbar ist und wie sie rechtssichere Abrechnungen und erfolgreiche Projekte sichert
Mehr erfahren
19.01.2024 | Fachbeitrag

eRechnung: Pflicht soll auch im B2B schnell kommen!

In Deutschland soll es ab 2025 im B2B-Geschäft nur noch eRechnungen geben. Lesen Sie jetzt, was das konkret bedeutet, wer davon betroffen ist und was sie tun müssen.
Mehr erfahren
Zum Wissensbereich