Einfach abhaken – der Ablauf einer Rüge
- Wann müssen Bieterfragen gestellt werden
- Zeitplan für die Rügeerhebung
- Formale Ansprüche der Rüge
- Wann ist ein Nachprüfungsantrag einzureichen
Anders als im EU-Vergaberecht gilt das GWB, in dem der vergaberechtliche Rechtsschutz geregelt ist, nicht für Ausschreibungen unterhalb der EU-Schwellenwerte. Dementsprechend gilt auch § 107 Abs. 3 GWB nicht, der die Zulässigkeit eines Nachprüfungsverfahrens von der Einlegung einer vorherigen Rüge abhängig macht. Das Vergaberecht unterhalb der Schwellenwerte – auch nationales Vergaberecht genannt – ist reines Haushaltsrecht und damit kein Gesetz mit Außenwirkung, auf das sich Betroffene berufen können. Daraus folgt, dass der einzelne Bieter kein subjektives Recht auf Einhaltung der nationalen Vergabevorschriften hat. Außerdem hat der Bieter in nationalen Vergaberecht so gut wie keine Möglichkeiten, den Zuschlag an den Konkurrenten zu verhindern, denn nur das vergaberechtliche Rechtsschutzverfahren im EU-Vergaberecht ist als sog. Primärrechtschutz ausgestaltet und sieht für die Dauer des Verfahrens ein Zuschlagsverbot vor (siehe aber dazu die Ausnahmen im Folgenden).
Im nationalen Bereich stehen dem Bieter – vorbehaltlich landesspezifischer Regelungen – folgende Möglichkeiten zur Verfügung:
In einigen Bundesländern sind Nachprüfungsstellen eingerichtet, bei denen Beschwerden eingebracht werden können. In den wenigstens Fällen haben diese jedoch eine relevante Wirkung.
Aktuell haben nur drei Bundesländer auch unterhalb der Schwellenwerte, also für nationale Ausschreibungen, ein echtes Rechtsschutzverfahren ab bestimmten Auftragswerten eingeführt, das sich an das Nachprüfungsverfahren oberhalb der Schwellenwerte orientiert (Sachsen, § 8 SächsVG, Thüringen, § 19 ThürVG und Sachsen-Anhalt, § 19 LVG-SA). In allen drei Fällen kann durch die zuständige Nachprüfungsstelle die Zuschlagserteilung für eine bestimmte Zeit gehemmt werden, so dass für die unterlegenen Bieter eine echte Chance besteht, bei berechtigten Beanstandungen wieder „ins Rennen“ zu kommen. Das Land Hessen sieht in ihrer landesgesetzlichen Regelung (§ 20 HVTG) vor, dass durch Rechtsverordnung ein Nachprüfungsverfahren für nationale Ausschreibungen etabliert werden kann, dass sich ebenfalls an das GWB orientieren soll. Ob und wann diese Rechtsverordnung kommt, ist noch offen.
Einfach abhaken – der Ablauf einer Rüge
Aus dem bisher gesagten ergibt sich, dass im Bereich unterhalb der Schwellenwerte Bieter bei Erkennen von Vergabeverstößen grundsätzlich nicht vorab bei der Vergabestelle rügen müssen. Allerdings gibt es auch Stimmen in Literatur und Rechtsprechung, die z.B. bei Schadensersatzansprüche von einem Mitverschulden des Bieters ausgehen, wenn dieser den vermeintlichen Rechtverstoß – so er denn erkennbar war und vom Bieter erkannt wurde – nicht gleich, insbesondere bevor der Zuschlag erteilt wurde, gegenüber der Vergabestelle beanstandet hat. Zu beachten ist auch, dass in den Bundesländern mit Rechtsschutzsystemen unterhalb der Schwellenwerte ebenfalls eine (vereinfachte) Rügepflicht besteht: Die Nachprüfungsbehörde wird durch die Vergabestelle erst informiert, wenn der Bieter den Verstoß bei der Vergabestelle beanstandet und diese nicht abgeholfen hat.
Informationen und Beratung zum Vergaberecht erhalten Sie bei FPS Rechtsanwälte und Notare, Berlin, Frankfurt, Hamburg, Düsseldorf, unter vergaberecht@fps-law.de.