Wann ist ein Angebot ein Haupt- oder ein Nebenangebot?
Begriffsdefinitionen
Das Vergaberecht kennt den Begriff Hauptangebot nicht. Gemeint ist damit, ein Angebot, das den aufgestellten inhaltlichen und formalen Anforderungen entspricht.
Ein Nebenangebot ist ein Angebot, das inhaltlich von den Vergabeunterlagen abweicht und diese abändert. In den europäischen Vergaberichtlinien wird statt des Begriffes Nebenangebot der Begriff Variante verwendet.
Sondervorschlag meint ein technisches Nebenangebot. Der Begriff ist veraltet und wird im Vergaberecht nicht verwendet.
Zulässigkeit von mehreren Hauptangeboten
Ist der Angebotspreis nicht alleiniges Wertungungskriterium und besteht die Möglichkeit die Leistung in unterschiedlicher Weise anzubieten, können mehrere Angebote eingereicht werden. Dabei handelt es sich um Hauptangebote. Mehrere Hauptangebote machen Sinn bei der Verwendung unterschiedlicher Produkte, technischer Verfahren oder Konzepte.
Zulässigkeit von Nebenangeboten
Bei Aufträgen oberhalb der Schwellenwerte, die nach VgV, VOB/A EU, SektVO, VSVgV und KonzVgV vergeben werden, müssen Nebenangebote ausdrücklich zugelassen sein. Der Auftraggeber vermerkt dies in der Bekanntmachung oder der Aufforderung zur Angebotsabgabe. Sind Nebenangebote nicht ausdrücklich zugelassen, dürfen keine abgegeben werden. Reichen Sie doch welche ein, werden diese nicht gewertet, Weitere Anforderungen sind die Festlegung und Bekanntmachung von Mindestbedingungen für die Wertung der Nebenangebote und einheitliche Zuschlagskriterien für Haupt- und Nebenangebote.
Bei Liefer- und Dienstleistungen, die nach VOL/A oder UVgO vergeben werden, bedarf es ebenfalls der ausdrücklichen Zulassung von Nebenangeboten. Nur bei nationalen Bauvergaben sind gemäß Nebenangebote immer zugelassen, außer der Auftraggeber gibt bekannt, dass er keine Nebenangebote zulässt.
Isolierte Nebenangebote
Der Auftraggeber kann vorschreiben, dass Nebenangebote nur zusammen mit einem Hauptangebot zugelassen werden. Er kann auch Nebenangebote ohne Hauptangebote zulassen. Solche Nebenangebote werden auch als „isolierte“ Nebenangebote bezeichnet.
Fazit
In Nebenangeboten können Auftraggebern alternative Lösungsmöglichkeiten für das ausgeschriebene Projekt vorgeschlagen werden.
Jeder Auftraggeber legt zu Beginn des Verfahrens fest, ob Nebenangebote zugelassen werden. Nur bei nationalen Bauvergaben auf Grundlage der VOB/A bedarf es eines ausdrücklichen Ausschlusses von Nebenangeboten, wenn diese nicht erwünscht sind.
Seit 20 Jahren ist Sönke Anders im Vergaberecht und im Baurecht anwaltlich tätig. Er ist Partner der Rechtsanwälte Thümmel, Schütze & Partner, Fachanwalt für Vergaberecht sowie Fachanwalt für Verwaltungsrecht. Als Referent ist Sönke Anders in der Ausbildung angehender Fachanwälte für Vergaberecht tätig.