Fachbeitrag

Einmaleins der Preisumrechnungsformeln

Werden neben dem Preis weitere Zuschlagskriterien bei der Angebotswertung angewendet, sind die Ergebnisse entsprechend der vorgegebenen Gewichtung der einzelnen Zuschlagskriterien zusammenzufügen. Hier kommen Preisumrechnungsformeln zur Anwendung.

Transparente Wertungskriterien

Das wirtschaftlichste Angebot bestimmt sich nach dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis. Zu dessen Ermittlung können neben dem Preis oder den Kosten auch qualitative, umweltbezogene oder soziale Aspekte berücksichtigt werden (§ 127 Abs. 1 GWB). Diese Zuschlagskriterien und deren Gewichtung müssen in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen aufgeführt werden (§ 127 Abs. 5 GWB). Wird der Preis mit 30% gewichtet und zwei weitere Zuschlagskriterien insgesamt mit 70%, bedarf es einer Festlegung des Systems, nach dem diese Wertungskriterien ins Verhältnis gesetzt werden. Dies kann durch die Festlegung von Wertungspunkten (30 Punkte für den Preis, 70 Punkte für die übrigen Kriterien) erfolgen. Für die Umrechnung der Angebotspreise in Punkte gibt es unterschiedliche Methoden. Bei deren Auswahl ist Vorsicht geboten. Die gewählte Methode für die Umrechnung des Preises in Wertungspunkte darf zu keiner Veränderung der Zuschlagskriterien oder ihre Gewichtung führen.

Interpolationsmethoden

Eine Formel, die dem niedrigsten Preis die volle Punktzahl und dem höchsten Preis null Punkte zuweist und den Preisen dazwischen entsprechende Zwischenwerte vergibt (beidseitige Interpolationsmethode), führt zu Verwerfungen, insbesondere bei wenigen Angeboten und ist deshalb unzulässig. In Vergabehandbüchern wird häufig die einseitige Interpolationsmethode vorgeschlagen. Dabei erhält der beste Preis die volle Punktzahl und das Doppelte des besten Preises null Punkte. Es ist mathematisch nachgewiesen, dass bei der Ermittlung des besten Preis-Leistungsverhältnisses das Ergebnis verfälschen kann. Rechtlich wird die einfache Interpolationsmethode bisher als zulässig erachtet.

Richtwertmethoden

Mathematisch und vergaberechtlich über alle Zweifel erhaben ist die einfache Richtwertmethode. Dabei wir das Preisleistungsverhältnis (Z) durch die Division der vergebenen Leistungspunkte (LP) mit dem gewerteten Preis (P) ermittelt (Z = LP/P). Dabei beträgt die Gewichtung des Preises zwingend 50%. Bei einer abweichenden Gewichtung wird die Anwendung einer gewichteten Richtwert- oder Medianmethode vorgeschlagen, bei der ein Referenzwert (Median) oder eine Schwankungsbreite für die Bewertung der Angebote eingeführt werden. Vergaberechtlich ist diese Methode unzulässig. Das Wertungsergebnis ist von Anzahl und Inhalt der abgegebenen Angebote abhängig. Damit verbundene Verschiebungen der Rangfolge werden als Flipping-Effekte bezeichnet.

Werden keine oder unzulässige Preisumrechnungsformeln bekannt gemacht, sollte dies umgehend, spätestens bis zur Angebotsabgabe gerügt werden. Unterbleibt eine rechtzeitige Rüge, kann der Bieter nicht mehr gegen Anwendung der Formel bei der Angebotswertung vorgehen.

Autor

Seit 20 Jahren ist Sönke Anders im Vergaberecht und im Baurecht anwaltlich tätig. Er ist Partner der Rechtsanwälte Thümmel, Schütze & Partner, Fachanwalt für Vergaberecht sowie Fachanwalt für Verwaltungsrecht. Als Referent ist Sönke Anders in der Ausbildung angehender Fachanwälte für Vergaberecht tätig.

Wissen

Diese Beiträge könnten Sie auch interessieren

17.09.2025 | Fachbeitrag

Berufung auf hausgemachte Ausschließlichkeitsrechte: Was können übergangene Bieter tun?

Marktabschottung durch Ausschließlichkeitsrechte? Das müssen Bieter jetzt wissen – EuGH zieht klare Grenzen bei Vergaben ohne Teilnahmewettbewerb.
Mehr erfahren
19.08.2025 | Fachbeitrag

Bieterfragen und Rügen im Vergabeverfahren – Teil 2

Teil 2 unserer Reihe zeigt, wie unüberlegte Bieterfragen Schaden anrichten können – und wie Sie mit kluger Formulierung Missverständnisse und Risiken vermeiden.
Mehr erfahren
07.07.2025 | Fachbeitrag

Ende der Angebotsfrist an einem Samstag, Sonntag oder Feiertag

Fristende an Feiertag? Laut EU-Recht und BGB dürfen Angebote oft noch am folgenden Werktag abgegeben werden. Was dabei gilt, erfahren Sie im Beitrag.
Mehr erfahren
26.05.2025 | Fachbeitrag

Bieterfragen und Rügen im Vergabeverfahren – Teil 1

Was tun bei Unklarheiten in der Ausschreibung? Bieterfragen und Rügen gezielt nutzen – rechtssicher, taktisch klug und mit Blick auf die Rügepflicht.
Mehr erfahren
22.04.2025 | Fachbeitrag

Allgemeine Tipps für eine erfolgreiche Bewerbung um öffentliche Aufträge Teil 2

Nachdem Sie einen ersten Überblick über die Vergabeunterlagen sowie die Anforderungen des öffentlichen Auftraggebers gewonnen haben (siehe Teil 1), geht es nun an die Erstellung und Abgabe des Angebots. Wir zeigen Ihnen, worauf Sie achten müssen.
Mehr erfahren
25.03.2025 | Fachbeitrag

Allgemeine Tipps für eine erfolgreiche Bewerbung um öffentliche Aufträge – Teil 1

Um sich erfolgreich für öffentliche Aufträge zu bewerben, ist eine gute Vorbereitung entscheidend. Hier erfahren Sie, worauf Sie achten müssen.
Mehr erfahren
30.01.2025 | Fachbeitrag

In Einzelfällen sind Bieterfragen noch kurz vor Ablauf der Angebotsfrist zu beantworten!

Bieterfragen sind auch nach Fristablauf nicht immer ausgeschlossen. Erfahren Sie, wann Vergabestellen Unklarheiten klären und Fristen verlängern müssen, um faire Angebote zu ermöglichen.
Mehr erfahren
17.12.2024 | Fachbeitrag

Vergabeverfahren bei Insolvenz – Was Bieter wissen müssen

Öffentliche Vergaben trotz Insolvenz? Hier erfahren Sie, wie Bieter Ausschlussgründe vermeiden, die Eignung nachweisen und ihre Chancen auf öffentliche Aufträge wahren.
Mehr erfahren
27.11.2024 | Fachbeitrag

So erkennen Sie, ob die Vertragslaufzeit zulässig ist!

Ist einer der Vertragspartner ein öffentlicher Auftraggeber, gelten für Vertragslaufzeiten eigene Gesetze. Diese sollten Sie auch als Bieter unbedingt kennen.
Mehr erfahren
25.10.2024 | Fachbeitrag

De-Facto-Vergabe: So können sich Bieter wehren

Bei einer De-Facto-Vergabe wird ein öffentlicher Auftrag ohne vorheriges Vergabeverfahren direkt vergeben. Das ist nicht erlaubt. So können Sie sich wehren.
Mehr erfahren
Zum Wissensbereich