Was ist passiert?
Ein öffentlicher Auftraggeber schrieb Landschaftsbauarbeiten im offenen Verfahren europaweit aus. Einziges Zuschlagskriterium war der Preis.
Daneben enthielten die Vergabeunterlagen die Vorgabe, dass Inklusionsbetrieben (bevorzugte Bieter) der Zuschlag zu erteilen sei, wenn der Angebotspreis einer solchen Einrichtung den der Mitbewerber um nicht mehr als 15 % übersteigt. Dabei sollte der von den bevorzugten Bietern angebotene Preis mit einem Abschlag von 15 % berücksichtigt werden.
Neben dem späteren Antragsteller (nicht bevorzugter Bieter) gab ein Inklusionsbetrieb ein geringfügig teureres Angebot ab. Der Inklusionsbetrieb profitierte allerdings von dem Abschlag und wurde daher für den Zuschlag vorgesehen. Hiergegen wehrte sich der Antragsteller und legte nach erfolgloser Rüge einen Nachprüfungsantrag ein.
Die Entscheidung
Mit Erfolg!. Die Vergabekammer sah in der 15 %-Regelung insbesondere eine unzulässige Ungleichbehandlung der Bieter, die gesetzlich nicht vorgesehen sei.
Zwar erlaube das GWB auch die Berücksichtigung sozialer Aspekte im Rahmen der Zuschlagskriterien. Die Eigenschaft als Inklusionsbetrieb kann also in die Wertung im Rahmen der Zuschlagskriterien einfließen. Dies hätte aber nach Ansicht der Vergabekammer nur „neben dem Preis“ als separates Zuschlagskriterium erfolgen dürfen.
Die 15 %-Regelung sei hingegen für nicht bevorzugte Bieter intransparent, weil der konkrete Vorteil von der Kalkulation bevorzugter Bieter abhänge.
Praxishinweis
Die Ausführungen der Vergabekammer zur Transparenz der 15 %–Regelung sind keineswegs zwingend, da auch der Antragsteller den potenziellen Nachteil zurückrechnen konnte. Bieter werden sich in Zukunft immer häufiger auch mit sozialen Zuschlagskriterien auseinandersetzen müssen. Bestehen Unklarheiten, empfiehlt es sich, möglichst frühzeitig im Verfahren entsprechende Rückfragen zu platzieren.
Autor
Menold Bezler Rechtsanwälte Steuerberater Wirtschaftsprüfer Partnerschaft mbB
Dr. Karsten Kayser, Rechtsanwalt
Weitere Informationen
Datum: 19.08.2022
Gericht: VK Westfalen,
Aktenzeichen: VK 2 - 29/22
Typ: Beschluss