Fachbeitrag

Das Können bewerten

Grundsätzlich gilt im Vergaberecht der Grundsatz der Trennung zwischen Eignungs– und Zuschlagskriterien. Bis zur Vergaberechtsreform wurden qualitative Unterschiede also ein „Mehr an Eignung“ im Rahmen des Zuschlags auch für das konkret einzusetzende Personal nicht berücksichtigt. Auf die berufliche Leistungsfähigkeit des einzusetzenden Personals konnte daher nur im Rahmen der Eignungskriterien eingegangen werden.

Die Qualität des eingesetzten Personals als Zuschlagskriterium

Mit der Vergaberechtsreform wurde § 58 Abs. 2 Nr.2 VgV eingeführt, der unter Umständen eine Berücksichtigung der Organisation, Qualifikation und Erfahrung des mit der Ausführung des Auftrags betrauten Personals als Zuschlagskriterium erlaubt. Dies ist dann möglich, wenn die Qualität des eingesetzten Personals erheblichen Einfluss auf das Niveau der Auftragsausführung bzw. den wirtschaftlichen Wert der Leistung hat. Dazu gehören vor allem geistig-schöpferische Dienstleistungen, wie etwa Architektenleistungen oder Lehr- und Beratungstätigkeiten, oder auch Bauleistungen mit besonderen Anforderungen, bei denen die Qualität der Leistung in besonderem Maße von den Fähigkeiten der ausführenden Person abhängt. Bei Lieferleistungen kommt das Kriterium im Regelfall nicht zur Anwendung, da hier die Lieferung von Produkten, wie etwa Büromöbel oder Laborgeräte, im Mittelpunkt stehen und nicht deren Herstellung.

Bei der Frage, ob die Qualität des eingesetzten Personals erheblichen Einfluss auf das Niveau der Auftragsausführung haben kann, hat der Auftraggeber einen Beurteilungsspielraum, der nur eingeschränkt von den Vergabekammern oder Gerichten überprüfbar ist. Entscheidet man sich dazu, Mitarbeiter des Auftragnehmers als Zuschlagskriterium zu zulassen, muss dies ausreichend begründet und dokumentiert werden.

Das Personal als Eignungskriterium

Grundsätzlich dürfen immer die Mitarbeiterzahlen der letzten drei Jahre abgefragt werden. Darüber hinaus dürfen – soweit es angemessen ist – auch Studien- oder Ausbildungsnachweise sowie Bescheinigungen über die Berufsausübung vom Inhaber oder den Führungskräften des Bieters verlangt werden (vgl. 46 Abs. 3 VgV).

Abseits davon muss der Bieter kein konkretes Personal benennen, wenn ein breiter Markt für das Personal zur Verfügung steht, d.h. wenn schnell entsprechendes Personal eingestellt werden kann. Ist dies der Fall, so darf der Auftraggeber nicht verlangen, dass das Personal bereits in dem Unternehmen angestellt ist. Es genügt, wenn das Unternehmen zu Vertragsbeginn über die entsprechenden Mitarbeiter verfügt.

Im Vergabeverfahren ist für den Eignungsnachweis nur erforderlich, dass man belastbar davon ausgehen darf, dass der Bieter zukünftig in der Lage ist, das zur Auftragserfüllung erforderliche Personal rechtzeitig einzustellen. Der breite Markt wird etwa für das Reinigungs- oder Baugewerbe angenommen, in dem üblicherweise Personal kurzfristig zu beschaffen oder zu ersetzen ist. Anders ist dies etwa bei einer Tätigkeit für den Auftrag „Juristische Sprachberatung“. Hier kann es erheblich länger dauern, qualifiziertes Personal einzustellen.

Tipp: Prüfen Sie daher vor Angebotsabgabe, ob in Ihrer Branche schnell Personal zur Verfügung stehen kann.

Fazit

Die verbindliche Abfrage von konkreten Mitarbeitern im Angebot ist nur in Ausnahmefällen gerechtfertigt. Wenn es um geistig-schöpferische Dienstleistungen geht, darf der Auftraggeber die Mitarbeiter, die für die Auftragsausführung vorgesehen sind, sogar werten. In diesen Fällen ist der Bieter verpflichtet, die genannten Mitarbeiter im Falle der Zuschlagserteilung auch einzusetzen. Bei der Eignung werden in der Regel nur allgemeine Angaben zu Mitarbeitern verlangt.

Informationen und Beratung zum Vergaberecht erhalten Sie bei FPS Rechtsanwälte und Notare, Berlin, Frankfurt, Hamburg, Düsseldorf, unter vergaberecht@fps-law.de

Der Beitrag entstand in der Zusammenarbeit mit Ahdia Waezi.

Autor

Aline Fritz berät, mit über 15 Jahren Erfahrung im Vergaberecht, sowohl die öffentliche Hand als auch Bieter in allen Phasen von Vergabeverfahren. Seit 2001 ist sie als Rechtsanwältin zugelassen und seit 2002 bei FPS in Frankfurt am Main tätig. Zuvor war sie Leiterin der Geschäftsstelle des forum vergabe e.V. beim BDI in Berlin. Aline Fritz hat umfassende Erfahrung in der Vertretung vor diversen Vergabekammern und Vergabesenaten der OLG. Sie hält regelmäßige Vorträge und Schulungen zum Vergaberecht und kann zahlreiche Publikationen von vergaberechtlichen Fachbeiträgen vorweisen. Homepage: https://fps-law.de/de/anwaelte-notare/aline-fritz.html/

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