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Entscheidung über die Verfahrensart

Bevor eine Ausschreibung eingeleitet wird, sind die Notwendigkeit der Beschaffung zu dokumentieren, der Bedarf zu konkretisieren und der voraussichtliche Auftragswert zu schätzen. Anschließend erst kann die Verfahrensart festgelegt werden.

Schon diese ersten Schritte sind, abhängig vom Gegenstand der Beschaffung, nicht einfach. Zudem müssen sie notfalls einer externen Überprüfung (oder der internen Revision) standhalten.

Dokumentation anlegen

Ein abschließender Vergabevermerk reicht daher als Dokumentation des Ausschreibungs- und Vergabeprozesses nicht aus. Von der Bedarfsbegründung und Bedarfskonkretisierung an sind für eine öffentliche Beschaffung sämtliche Schritte, Maßnahmen und vor allem auch alle getroffenen Entscheidungen samt der zugrunde liegenden Abwägungen ausführlich, nachvollziehbar und einzelfallbezogen schriftlich niederzulegen (VgV §8, UVgO §6, VOB/A Abs.1 §20). Das gilt auf Grund der weichenstellenden Bedeutung gerade und besonders für die Kostenschätzung.

Wer diese Vergabedokumentation von Anfang einer Ausschreibung an parallel zur Durchführung des Verfahrens fortschreibt, ist im Fall einer Bieterklage auf der sicheren Seite. Das ist wichtig. Die Klagefreudigkeit der Bieter hat in den letzten Jahren stetig zugenommen, jedenfalls im Baubereich.

Auf diese Weise kann ein Auftraggeber auch Transparenz schaffen über die Tatsache, dass er erst ausgeschrieben hat, als alle Vergabeunterlagen fertig gestellt waren und er davon ausgehen konnte, dass innerhalb der angesetzten Fristen mit der Auftragsumsetzung begonnen werden kann (VOB/A Abs.1 §2 (5)).

 

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Vorsicht bei Kosten um die Schwellenwerte

Liegen die geschätzten Kosten nahe der Schwellenwerte, sollte bedacht werden, dass der maßgebliche Zeitpunkt für den Auftragswert der Tag ist, an dem das Vergabeverfahren eingeleitet wird, beispielsweise durch die Veröffentlichung der Bekanntmachung der beabsichtigten Auftragsvergabe auf www.vergabe24.de. Liegt der Zeitpunkt der Kostenerhebung vergleichsweise lange zurück oder gibt es Anhaltspunkte für inzwischen gestiegene Preise, sollte die Schätzung aktualisiert werden. In jedem Fall sind eine detaillierte Dokumentation des Vorgehens und eine Begründung der damit verbundenen Entscheidungen unverzichtbar.

Bei belegbar ordungsgemäßer Ermittlung bleibt der Auftragswert maßgeblich für das Vergabeverfahren, auch wenn später die meisten oder alle eingehenden Angebote preislich unter bzw. über dem für die Verfahrensart relevanten Schwellenwert liegen sollten.

Schwellenwerte und Nachprüfung

Von der voraussichtlichen Auftragssumme hängt wie erwähnt sehr viel ab: nämlich die Entscheidung, ob EU-weit oder national auszuschreiben ist, ob ein offenes bzw. nicht-offenes Verfahren, eine öffentliche bzw. beschränkte Ausschreibung oder eine freihändige Vergabe angesagt ist. Ein weiterer aus Bietersicht sehr wichtiger Aspekt hängt an dieser Entscheidung: Wird der Auftragswert die Schwellenwerte für die EU-weite Ausschreibung überschreiten, besteht (nur dann) für Bieter die Möglichkeit, die vergaberechtliche Nachprüfung (GWB §§ 102 ff) durch Vergabekammern und Oberlandesgerichte anzustoßen.

Als Hintergrundinfo sei hier erwähnt: Geschätzt 90 Prozent aller Vergaben betreffen Aufträge unterhalb der EU-Schwellenwerten, gemessen am Volumen mehr als 75 Prozent.

Ausschreibungsgegenstand und Wertgrenzen

Abhängig ist die Verfahrensentscheidung abgesehen vom geschätzten Auftragsvolumen davon, ob der Gegenstand eines öffentlichen Auftrags eine Bauleistung, eine Liefer- oder Dienstleistung oder eine freiberufliche, beispielsweise planerische Leistung ist. Denn abhängig vom Gegenstand gelten unterschiedliche Gesetze und unterschiedliche Schwellenwerte.

Auch hier kann die Zuordnung bisweilen schwierig sein, beispielsweise bei gemischten (Bau-/Liefer-) Leistungen.

Unterhalb der EU-Schwellenwerte stellt die UVgO für Liefer- und Dienstleistungen die öffentliche und die beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb gleich. Im Baubereich ist die öffentliche Ausschreibung die Regel. Ein Abweichen davon muss fundiert begründet (und dokumentiert) werden. Leitlinie für eine eventuelle Entscheidung gegen eine öffentliche Ausschreibung ist, dass der Aufwand für diese im Missverhältnis zum Wert der ausgeschriebenen Leistung stehen würde. Der Nachweis dafür muss auch beispielsweise die interne Revision überzeugen.

Für die bei Verzicht auf die öffentliche Ausschreibung durchzuführende Freihändige Vergabe bzw. Beschränkte Ausschreibung haben viele Bundesländer unterschiedlich hohe Wertgrenzen festgesetzt. Die Wertgrenzen divergieren zudem häufig nach Bau-, Liefer- und Planungsleistungen. Zum Teil gelten unterschiedliche Wertgrenzen für Vergabestellen des Landes bzw. der Kommunen oder anderer öffentliche Einrichtungen. Auch hier ist sorgfältig zu prüfen und zu dokumentieren, auf welche Wertgrenzen eine Entscheidung über die Verfahrensart gestützt werden soll.

Grenzen des Direktkaufs

Schließlich gibt es in den einzelnen Bundesländern Grenzen für den zulässigen Direktkauf, also für eine Beschaffung ohne Durchführung eines Vergabeverfahrens. Der Freistaat Bayern hat etwa diese zum 1.1.2017 für den staatlichen Bereich und für die Kommunen von 500 auf 1.000 Euro netto heraufgesetzt.

Dieser Betrag entspricht der Regelung in der Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) §14 für die Vergabe öffentlicher Liefer- und Dienstleistungsaufträge unterhalb der EU-Schwellenwerte gemäß GWB §106. Die UVgO hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie am 07.02.2017 veröffentlicht. Sie ersetzt die VOL/A und tritt in den Bundesländern in Kraft, sobald die einzelnen Länder sie umgesetzt haben.

Kernstück einer erfolgreichen Ausschreibung ist die Leistungsbeschreibung. Darauf geht der nächste Beitrag der Blogserie „Wie funktioniert eine Ausschreibung“ am 11. Mai 2017 ein.