Fachbeitrag

Öffentliche Ausschreibungen in Schweden

Schwedens 290 Kommunen und übrige Teile der öffentlichen Hand veröffentlichen jedes Jahr ungefähr 20.000 Ausschreibungen im Wert von 60 Milliarden Euro. Deutsche Unternehmen genießen in Schweden einen ausgezeichneten Ruf was Qualität und Verlässlichkeit betrifft. Besonders erfolgreich sind deutsche Unternehmen in den letzten Jahren im schwedischen Straßenbau sowie in der Bauindustrie gewesen. Ein prominentes Beispiel ist das deutsche Unternehmen Bilfinger Berger, es gewann die prestigeträchtige öffentliche Ausschreibung zur Errichtung der neuen Brücke über den Svinesund zwischen Schweden und Norwegen.

Erfüllung der Formalitäten wichtig

Schwedens öffentliche Auftraggeber haben eine formalistische Einstellung zu Ausschreibungen. Hat der Auftraggeber geschrieben, der Bieter sei “verpflichtet”, dem Angebot eine bestimmte Unterlage beizufügen, ist dies ganz buchstäblich zu verstehen. Angebote haben den formalen Anforderungen bzw. den Mindestanforderungen der Vergabeunterlagen genau zu entsprechen. Antworten müssen die Fragen der Auftraggeber genau beantworten, eingereichte Unterlagen müssen den Anforderungen genau entsprechen. Normalerweise können Unterlagen nicht nachgereicht werden. Versuche, die Anforderungen umzuformulieren, sind zu unterlassen. Ein Vorbehalt des Bieters gegenüber Vergabeunterlagen führt oft zur Ablehnung eines Angebots.

Die Sprache ist schwedisch oder englisch

Die schwedischen Vergabestellen verstehen leider selten deutsch. Der weitaus größte Anteil von Ausschreibungen erfolgt in schwedischer Sprache. In größeren Ausschreibungen wird in gewissen Fällen englisch akzeptiert, deutsch normalerweise aber nicht, weder im Angebot noch in den übrigen Unterlagen.

Gut funktionierendes und kostengünstiges Beschwerdesystem

Die wesentlichen Inhalte des Vergaberechts in Schweden folgen den durch das EU-Recht vorgegebenen Richtlinien. Dies gilt (natürlich) für öffentliche Ausschreibungen oberhalb der europäischen Schwellenwerte. Daß es Schweden mit dem Rechtsschutz ernst meint, zeigt sich aber gerade auch unterhalb dieser Schwellen. So werden bereits Aufträge ab ungefähr € 50.000 einem abgespeckten, aber ebenfalls mit vollem Rechtsschutz versehenen förmlichen Vergabeverfahren unterworfen.

Das sind gute Nachrichten für ausländische Bieter, die sich auf eine im Wesentlichen diskriminierungsfreie Berücksichtigung bei der Ausschreibung verlassen können. Für den Fall, dass ein Vergabeverfahren fehlerhaft durchgeführt wird, steht dem Bieter ein sehr effizientes und kostengünstiges Beschwerdeverfahren zur Verfügung. Dies wird vor einem der zwölf schwedischen Verwaltungsgerichte durchgeführt, wobei anders als in Deutschland keine Gerichtsgebühren erhoben werden.

 

Weitere Informationen

Weitere Informationen erhalten Sie bei dem Verfasser dieser Einführung, Robert Moldén, robert.molden@garde.se. Gärde Wesslau ist eine der zehn größten Anwaltskanzleien in Schweden.

Schwedens 290 Kommunen und übrige Teile der öffentlichen Hand veröffentlichen jedes Jahr ungefähr 20.000 Ausschreibungen im Wert von 60 Milliarden Euro. Deutsche Unternehmen genießen in Schweden einen ausgezeichneten Ruf was Qualität und Verlässlichkeit betrifft. Besonders erfolgreich sind deutsche Unternehmen in den letzten Jahren im schwedischen Straßenbau sowie in der Bauindustrie gewesen. Ein prominentes Beispiel ist das deutsche Unternehmen Bilfinger Berger, es gewann die prestigeträchtige öffentliche Ausschreibung zur Errichtung der neuen Brücke über den Svinesund zwischen Schweden und Norwegen.

Erfüllung der Formalitäten wichtig

Schwedens öffentliche Auftraggeber haben eine formalistische Einstellung zu Ausschreibungen. Hat der Auftraggeber geschrieben, der Bieter sei “verpflichtet”, dem Angebot eine bestimmte Unterlage beizufügen, ist dies ganz buchstäblich zu verstehen. Angebote haben den formalen Anforderungen bzw. den Mindestanforderungen der Vergabeunterlagen genau zu entsprechen. Antworten müssen die Fragen der Auftraggeber genau beantworten, eingereichte Unterlagen müssen den Anforderungen genau entsprechen. Normalerweise können Unterlagen nicht nachgereicht werden. Versuche, die Anforderungen umzuformulieren, sind zu unterlassen. Ein Vorbehalt des Bieters gegenüber Vergabeunterlagen führt oft zur Ablehnung eines Angebots.

 

Die Sprache ist schwedisch oder englisch

Die schwedischen Vergabestellen verstehen leider selten deutsch. Der weitaus größte Anteil von Ausschreibungen erfolgt in schwedischer Sprache. In größeren Ausschreibungen wird in gewissen Fällen englisch akzeptiert, deutsch normalerweise aber nicht, weder im Angebot noch in den übrigen Unterlagen.

Gut funktionierendes und kostengünstiges Beschwerdesystem

Die wesentlichen Inhalte des Vergaberechts in Schweden folgen den durch das EU-Recht vorgegebenen Richtlinien. Dies gilt (natürlich) für öffentliche Ausschreibungen oberhalb der europäischen Schwellenwerte. Daß es Schweden mit dem Rechtsschutz ernst meint, zeigt sich aber gerade auch unterhalb dieser Schwellen. So werden bereits Aufträge ab ungefähr € 50.000 einem abgespeckten, aber ebenfalls mit vollem Rechtsschutz versehenen förmlichen Vergabeverfahren unterworfen.

Das sind gute Nachrichten für ausländische Bieter, die sich auf eine im Wesentlichen diskriminierungsfreie Berücksichtigung bei der Ausschreibung verlassen können. Für den Fall, dass ein Vergabeverfahren fehlerhaft durchgeführt wird, steht dem Bieter ein sehr effizientes und kostengünstiges Beschwerdeverfahren zur Verfügung. Dies wird vor einem der zwölf schwedischen Verwaltungsgerichte durchgeführt, wobei anders als in Deutschland keine Gerichtsgebühren erhoben werden.

 

Weitere Informationen

Weitere Informationen erhalten Sie bei dem Verfasser dieser Einführung, Robert Moldén, robert.molden@garde.se. Gärde Wesslau ist eine der zehn größten Anwaltskanzleien in Schweden.

Autor

Robert Moldén ist sowohl als deutscher Rechtsanwalt (Hamburg) als auch schwedischer EU-Advokat (Göteborg) zugelassen und leitet die wettbewerbsrechtliche Abteilung bei Gärde Wesslau, einer der zehn größten Anwaltskanzleien in Schweden.

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