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Service, Nachrichten
05.11.2013, Deutschland

Qualitätsverlust vorbeugen

Knapp zehn Jahre nach der Handwerksreform, schlagen die Handwerkskammern Alarm.

Durch eine umfassende Reform des Handwerksrechts am 1. Januar 2004 muss nunmehr in 53 Handwerken kein Meisterbrief vorliegen, um ein Handwerksunternehmen zu gründen und zu führen. Diesen zulassungsfreien Gewerken und handwerksähnlichen Gewerbe stehen 41 zulassungspflichtige Handwerksberufe gegenüber, bei denen grundsätzlich ein Meisterbrief vorliegen muss. Es genügt jedoch, wenn ein Meister angestellt wird, der Betriebsinhaber selbst muss kein Meister mehr sein.

Die Entwicklung am Beispiel der Fliesenleger

Das klingt für das ungeschulte Ohr natürlich erst einmal positiv. Jeder, der möchte, kann sich in 53 Handwerksberufen selbständig machen und so eventuell der Arbeitslosigkeit entgehen. Das war auch der Ansatz vor zehn Jahren. Die Folgen der Liberalisierung werden nun immer deutlicher: Lohndumping, Qualitätsverlust und der drohende Ausbildungsplatzmangel. Dies spürt nach Meinung der IG Bau und des Zentralverband des Deutschen Baugewerbes das einstige Vorzeigehandwerk des Fliesenlegers. Die verheerende Bilanz der beiden Interessensvertretungen: Qualität und Ausbildungsleistung sind drastisch gesunken. Seit dem 1. Januar 2004 könne sich jeder als Fliesenleger selbstständig machen, der wolle. Das habe zu einem gnadenlosen Lohndumping geführt, in dessen Folge selbst florierende Unternehmen ihre Mitarbeiter hätten entlassen müssen. Zudem habe sich die Zahl der Fliesenlegerbetriebe unter den neuen Bedingungen mehr als verfünffacht. Bei den meisten der nunmehr 68 000 Betriebe handele es sich um Ein-Mann-Firmen, die in der Regel nicht ausbildeten und häufig als Scheinselbstständige agierten. „Sie bilden das Einfallstor für Illegalität am Bau. Sie erhalten die Zulassung im Fliesenlegerhandwerk, treten aber als Kolonnen auf Baustellen auf und verrichten eine Vielzahl von Tätigkeiten anderer Gewerke, was zu Schäden weit über das eigentliche Fliesenlegerhandwerk hinaus führt“, führte der Präsident des Baugewerbes, Hans-Hartwig Loewenstein, aus. „Der Wegfall der Meisterpflicht für Fliesenleger hat in eine Sackgasse geführt“, erklärte der stellvertretende IG-Bau-Vorsitzende, Dietmar Schäfers, laut einer Mitteilung. Wenn nicht gegengesteuert werde, gebe es in wenigen Jahren so gut wie keine Qualitätsbetriebe in dieser Branche mehr. Gewerkschaft und Zentralverband verlangen von der neuen Bundesregierung eine Korrektur der Handwerksordnung. Die Meisterpflicht für Fliesenleger müsse wieder eingeführt werden.

Die Zahl der Meister verringert sich

Brandenburgs Handwerkskammern befürchten, dass es in einigen Berufen künftig kaum noch Meister geben wird. Gerade einmal acht Meisterbriefe für zulassungsfreie Gewerke übergaben die märkischen Handwerkskammern im vergangenen Jahr. „In der Zukunft könnte das problematisch werden, weil weiterhin nur Meister ausbilden dürfen“, sagte die Sprecherin der Potsdamer Kammer, Ute Maciejok. Auch die Qualität könne darunter leiden, dass etwa ein selbstständiger Fliesenleger keinen Meistertitel haben müsse. Im zulassungspflichtigen Handwerk bleibt die Zahl der abgelegten Meisterprüfungen konstant. Nach Angaben des brandenburgischen Wirtschaftsministeriums blieb die jährliche Gesamtzahl der neuen Meister im Land in den vergangenen Jahren bei rund 500.

Qualität wird wieder wichtiger

Etwas anders sieht die Lage in Mecklenburg-Vorpommern aus. Während auch hier in den zulassungsfreien Gewerken die Zahl der Meisterprüfungen sinkt, erleben die zulassungspflichtigen Handwerke in den letzten Jahren einen kontinuierlichen Aufschwung. So legten im vorigen Jahr 262 Handwerker die Prüfungen zum Meister ab, 2011 waren es 261, 2010 nur 257 und im Jahr lediglich 207. Edgar Hummelsheim, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Schwerin, sieht dies als Folge davon, dass junge Menschen sich wieder für eine Karriere im Handwerk entscheiden und ihre Zukunft auf ein solides Fundament stellen wollen. Für viele sind die Qualität und die Nachhaltigkeit wieder entscheidend. Die Kosten einer Meisterausbildung sollten dabei nicht schrecken. Die angehenden Meister werden durch das Meister-BAföG des Bundes und oftmals zusätzlich vom Unternehmen, in dem sie als Geselle tätig sind, unterstützt. Haben sie dann ihren Meisterbrief in der Tasche, können sie wieder andere ausbilden. Ein kleiner Hoffnungsschimmer, denn im Bereich des zulassungsfreien Handwerks geht die Zahl der Ausbildungsplätze im gesamten Bundesgebiet zurück. Um die Qualität im Handwerksbereich aufrecht zu erhalten, sollte darüber nachgedacht werden, wie man dieser Entwicklung entgegensteuern kann, um zu verhindern, dass in den zulassungsfreien Bereichen nicht ein Niveauverlust erreicht wird, der nur schwer wieder zu beheben ist.

Quelle: u.a. dpa

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