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Vergaberecht, aktuelle Urteile

Aus welche Perspektive ist eine Leistungsbeschreibung auszulegen?

Die Vergabekammer Nordbayern stellt in einem aktuellen Beschluss nochmals den Maßstab für die Auslegung einer Leistungsbeschreibung klar.

Was ist passiert?

Ein öffentlicher Auftraggeber schrieb im offenen Verfahren nach VgV die Lieferung von Atemschutzgeräten aus. Die Leistungsbeschreibung enthielt u.a. die Vorgabe eines „Manipulationsschutzes“. Weiter hieß es, dass „alle sicherheitsrelevanten Anbauteile […] nicht unbeabsichtigt mit bloßer Hand zu öffnen sein“ dürfen.

Ein Bieter monierte, dass beim Angebot des Bestbieters der Ventilkastendeckel ohne Werkzeug leicht zu öffnen sei. „Manipulationsschutz“ bedeute jedoch, dass es gerade darauf ankomme, auch „bewusste“ Eingriffe mit bloßer Hand auszuschließen. Das Angebot des Bestbieters erfülle daher die Leistungsanforderungen nicht und sei gemäß § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV wegen unzulässiger Änderung der Vergabeunterlagen auszuschließen.

Die Entscheidung

Ohne Erfolg! Ob eine unzulässige Änderung der Vergabeunterlagen vorliegt, sei anhand einer Auslegung in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB sowohl der Vergabeunterlagen als auch des Angebots nach dem jeweiligen objektiven Empfängerhorizont festzustellen. Maßgeblich sei hinsichtlich der Vergabeunterlagen der Empfängerhorizont der potentiellen Bieter. Unter Anwendung dieser Auslegungsmaßstäbe und gestützt auf die Formulierung „unbeabsichtigt“ stellte die Vergabekammer fest, dass in der Leistungsbeschreibung nur ein Manipulationsschutz gefordert werde, der ein unbeabsichtigtes Öffnen mit bloßer Hand verhindern soll. Diese Anforderungen erfüllte das Produkt des Bestbieters. Folglich deckten sich die Vergabeunterlagen und das Angebot des Bestbieters.

Praxishinweis

Die Entscheidung Vergabekammer Nordbayern verdeutlicht, wie schnell es in einem Vergabeverfahren zu Missverständnissen über einzelne Anforderungen des Leistungsverzeichnisses kommen kann. Das Vergaberecht ist hier streng. Bereits geringfügige Abweichungen von der geforderten Leistung führen grundsätzlich zum Ausschluss des Angebots. Bieter sollten bei Zweifeln daher unbedingt von der Möglichkeit Gebrauch machen, Bieterfragen zu stellen und nicht darauf vertrauen, dass Ihr eigenes Verständnis schon das richtige ist.

Autor

Menold Bezler Rechtsanwälte Steuerberater Wirtschaftsprüfer Partnerschaft mbB
Dr. Karsten Kayser, Rechtsanwalt

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Beschluss
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