Was ist passiert?
Ein öffentlicher Auftraggeber (AG) schrieb europaweit im offenen Verfahren die Erbringung von Leistungen der Baulogistik und Bauentsorgung aus.
Während der Angebotsfrist rügte der spätere Antragsteller die Leistungsbeschreibung als unzureichend. Die Leistung sei nicht eindeutig beschrieben und nicht kalkulierbar. Der AG half der Rüge nicht ab. Der Antragsteller gab daraufhin unter Verweis auf die Mängel der Leistungsbeschreibung kein Angebot ab. Mehr als fünfzehn Kalendertage nach Mitteilung der Nichtabhilfe der Rüge erteilte der AG an den einzigen Bieter den Zuschlag. Eine vorherige Bieterinformation nach § 134 GWB erhielt der Antragsteller nicht. Der Antragsteller stützte seinen Nachprüfungsantrag u.a. auf die unterlassene Bieterinformation nach § 134 GWB.
Die Entscheidung
Erfolglos! Der AG musste dem Antragsteller keine Bieterinformation nach § 134 GWB übermitteln.
Nach dem Wortlaut von § 134 GWB gilt die Informationspflicht nur gegenüber Bietern und gewissen Bewerbern in zweistufigen Verfahren. Bieter war der Antragsteller mangels Angebotsabgabe offensichtlich nicht.
Die Vergabekammer ließ offen, ob aus ihrer Sicht auch eine Informationspflicht gem. § 134 GWB gegenüber eindeutig erkennbaren Interessenten denkbar erscheint. Da die Antragstellerin den Nachprüfungsantrag erst nach Ablaufen der Präklusionsfrist gem. § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 GWB eingereicht hatte, schied ein berücksichtigungsfähiges Interesse von vornherein aus.
Praxishinweis
Der Wortlaut von § 134 GWB ist eindeutig. In einstufigen Verfahren können nur Bieter vor Zuschlagserteilung mit einer Bieterinformation nach § 134 GWB rechnen. Am Zuschlag interessierte Unternehmen müssen daher im Vergabeverfahren häufig kurzfristig handeln, um ihr Rechtsschutzziel nicht zu verfehlen.
Autor:
Menold Bezler Rechtsanwälte Steuerberater Wirtschaftsprüfer Partnerschaft mbB
Dr. Karsten Kayser, Rechtsanwalt
Weitere Informationen
Datum: 08.06.2022
Gericht: VK Baden-Württemberg
Aktenzeichen: 1 VK 17/22
Typ: Beschluss