Aktuelle Urteile

Vorsicht bei Formvorgaben in Vergabeverfahren

Was ist passiert?

Ein öffentlicher Auftraggeber schrieb im offenen Verfahren die Beseitigung von Ölverunreinigungen aus. Einziges Zuschlagskriterium war der Preis. Nach den Vorgaben der Aufforderung zur Angebotsabgabe war das Leistungsverzeichnis mit den Preisen sowohl in Form einer GAEB-Datei als auch in Form einer pdf-Datei vorzulegen. Die Forderung nach Vorlage des Leistungsverzeichnisses in Form der pdf-Datei war mit dem Zusatz in Fettdruck versehen: „Fehlt diese Datei, wird diese nicht nachgefordert, das Angebot ist zwingend auszuschließen“. Ein Bieter reichte sein Angebot nur als GAEB-Datei ein. Das Angebot wurde unter anderem wegen Unvollständigkeit gem. § 57 Abs. 1 Nr. 2 VgV ausgeschlossen. Der Bieter ging gegen den Ausschluss nach erfolgter Rüge erfolglos vor der Vergabekammer vor und legte daraufhin sofortige Beschwerde ein.

 

Die Entscheidung

Ebenfalls erfolglos! Das OLG Düsseldorf hielt den Ausschluss des Angebots wegen Unvollständigkeit für vergaberechtskonform.

Das Angebot des Bieters sei unvollständig, auch wenn alle Inhalte des Angebots zumindest als GAEB-Datei vorlagen. Zwar könne die zusätzliche Forderung der Vorlage des Leistungsverzeichnisses im pdf-Format unverhätlnismäßig sein, wenn damit nur zusätzlicher Aufwand aber keinerlei Mehrwert neben den als GAEB-Datei vorliegenden Unterlagen verbunden sei. Eine entsprechende Unverhältnismäßigkeit hätte der Bieter aber bis zum Ende der Angebotsfrist gem. § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 GWB rügen müssen. Ein möglicher Verstoß sei für den Bieter auch erkennbar gewesen. Insbesondere gehöre es auch zum allgemeinen und grundlegenden Wissen der beteiligten Bieterkreise, dass alle Forderungen des öffentlichen Auftraggebers von einem sachlichen Interesse getragen sein müssen und dieser den Bietern nicht Arbeit um der Arbeit willen machen darf.

Eine Nachforderung der fehlenden Unterlage scheide bereits aus, weil der Auftraggeber die Nachforderung des Leistungsverzeichnisses in pdf-Format ausgeschlossen habe.

 

Praxishinweis

  • Die Entscheidung verdeutlicht, wie formalistisch Vergaberecht sein kann. Schließlich enthielt das Angebot des Bieters aus inhaltlicher Sicht alle Informationen.
  • Bieter sollten daher unbedingt genau auch auf die geforderte Form der einzureichenden Unterlagen achten.

Maßgebliche Entscheidung: OLG Düsseldorf, Beschluss v. 17.08.2022 – VII-Verg 54/21

 

Autor

Dr. Karsten Kayser, Rechtsanwalt und Partner

Weitere Informationen


Datum: 17.11.2023
Gericht: OLG Düsseldorf
Aktenzeichen: VII Verg 54/21
Typ: Urteil
Wissen

Diese Urteile könnten Sie auch interessieren

16.10.2024 | Urteil

Vorauftrag mangelhaft ausgeführt: Voraussetzungen für einen Ausschluss?

Unternehmen können wegen mangelhafter Leistungserfüllung von Vergabeverfahren ausgeschlossen werden. Erfahren Sie mehr über die rechtlichen Grundlagen und Konsequenzen.
Mehr erfahren
16.09.2024 | Urteil

Sind fehlerhafte unternehmensbezogene Unterlagen nachzufordern?

Bleiben Sie auch bei unternehmensbezogenen Unterlagen wachsam und vertrauen Sie nicht zu voreilig auf das Mittel der Nachforderung. Lesen Sie, wie sie Vergabeausschlüsse vermeiden.
Mehr erfahren
21.08.2024 | Urteil

Auch rügen will gelernt sein – Was ist zu beachten?

Fax-Rügen: So sichern Sie Ihren Erfolg im Vergabeverfahren. Erfahren Sie, warum Unterschriften und Zeitpunkte entscheidend sind. Frühzeitig handeln!
Mehr erfahren
21.08.2024 | Urteil

Bieter gewinnen: Gericht lockert überzogene Anforderungen im Museumsprojekt

BayObLG kippt unfaire Eignungskriterien bei Museumsprojekt – Entdecken Sie, wie das Urteil zugunsten der Bieter fiel und was das für zukünftige Ausschreibungen bedeutet.
Mehr erfahren
19.06.2024 | Urteil

Andere Eintragung des Umsatzsteuersatzes – Änderung der Vergabeunterlagen?

Bleiben Sie wettbewerbsfähig! Lernen Sie, wie Sie den Umsatzsteuersatz in Ihren Angeboten korrekt anpassen und Vergabeausschlüsse vermeiden.
Mehr erfahren
21.05.2024 | Urteil

Eignungsprüfung natürlich auch bei präqualifizierten Unternehmen

Steigern Sie Ihre Erfolgsquote bei öffentlichen Ausschreibungen: Wichtige Einsichten in die Anforderungen an Referenzen und die Bedeutung der Präqualifikation.
Mehr erfahren
17.04.2024 | Urteil

Anfragen an abgefragte Referenzen sind zu wahren

Das OLG Frankfurt beschäftigte sich mit der Frage, welche Referenzangaben der öffentliche Auftraggeber hinsichtlich der Leistungszeit und des Leistungsortes verlangen kann.
Mehr erfahren
21.03.2024 | Urteil

Formblatt ausfüllen nicht vergessen!

Die VK Bund beschäftigte sich (erneut) mit dem Thema „nicht korrekt ausgefülltes Formblatt“. Dieses Mal mit Formblatt 223 (Aufgliederung von Einheitspreisen), welches erst auf Nachfrage der Vergabeste
Mehr erfahren
18.02.2024 | Urteil

Preiswertung darf nicht verzerren!

Analyse der Vergabekammer-Entscheidung zu Preiswertungsmethoden: Rechtliche Einsichten und Auswirkungen auf das Preis-Leistungs-Verhältnis
Mehr erfahren
19.01.2024 | Urteil

Neues zur Abgrenzung von Bau- und Dienstleistungsauftrag

Das OLG Schleswig entscheidet: Abgrenzung Bau-und Dienstleistungsaufträge durch EU-Schwellenwerte, wesentlich für Verfahrensordnung und Rechtsschutz.
Mehr erfahren
Zum Wissensbereich