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Service, Nachrichten
28.03.2018, Nordrhein-Westfalen

Novelliertes Vergabegesetz entfesselt

Das TVgG NRW wurde im Rahmen des Entfesselungspakets I novelliert und tritt voraussichtlich Anfang April 2018 in Kraft.

Auf den Internetseiten der Landesregierung Nordrhein-Westfalen informiert die Servicestelle TVgG NRW über die Inhalte des Entfesselungspakets I, das unter anderem auch eine Reform des Tariftreue- und Vergabegesetzes NRW (TVgG NRW) beinhaltet. Aus Sicht der Landesregierung werden mit der Novelle die Verantwortung der öffentlichen Auftraggeber in Nordrhein-Westfalen für eine faire, ökologische und soziale Beschaffung gestärkt und gleichzeitig die bürokratischen Vorgaben für Vergabestellen und Unternehmen deutlich reduziert. Folgende Neuerungen sind Teil der Novelle:

  • Der vergabespezifische Mindestlohn harmonisiert mit dem Mindestlohn des Bundes, so dass der bundesweite Mindestlohn auch in Vergabeverfahren des Landes als Lohnuntergrenze gilt.
  • In der Regel muss durch die Einführung des Bestbieterprinzips nur noch der erfolgreiche Bieter die Nachweise nach dem TVgG NRW erbringen.
  • Die ILO-Mindestanforderungen sowie die Berücksichtigung von Aspekten des Umweltschutzes und der Energieeffizienz greifen zukünftig ab einem geschätzten Auftragswert von 5.000 Euro.
  • Die Regelungen zu Tariftreue und Mindestlohn gelten wie bisher ab einem geschätzten Auftragswert von 20.000 Euro, für den Bereich Frauenförderung und Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf gelten nach wie vor 50.000 bzw. 150.000 Euro.
  • Zudem soll in Zukunft ein Siegelsystem mit dem Ziel erstellt werden, dass die Einzelnachweise im jeweiligen Vergabeverfahren durch ein Siegel ersetzt werden können.

Reaktionen auf die Novelle

Aus Sicht des Bündnisses für öko-faire Beschaffung NRW, ein Netzwerk von Nichtregierungsorganisationen, hat Nordrhein-Westfalen mit der Gesetzesänderung klar die Vorreiterrolle hinsichtlich einer modernen, an Nachhaltigkeit orientierten öffentlichen Vergabe in Deutschland verloren. Die Landesregierung nutzt damit nicht mehr die Einkaufsmacht der öffentlichen Hand zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen bei der weltweiten Konsumgüterproduktion. Sie rechtfertigt sich mit der Behauptung, dass mit der Ratifizierung der ILO-Kernarbeitsnormen Deutschlands und durch die EU-Richtlinien sowie dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und der Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) auf Bundesebene sichergestellt sei, dass in der öffentlichen Beschaffung soziale-ökologische Standards eingehalten werden. Auch Eine Welt Netz NRW sieht die Streichung der Beachtung internationaler Arbeits- und Menschenrechte aus der Novelle als bedenklich an. „Müssten nicht beim Einkauf von Sicherheitsschuhen, Arbeits-bzw. Schutzkleidung für die Mitarbeiter*innen der betrieblichen Arbeitsschutzprüfung NRW auch gleichzeitig die geschützt werden, diese Schutzkleidung in der globalisierten Textilindustrie herstellen?“ fragt Jürgen Sokoll von Eine Welt Netz NRW.

Die Bonner GRÜNEN kritisieren die geplanten Änderungen des Tariftreue- und Vergabegesetzes NRW (TVgG-NRW) scharf und fordern Ministerpräsident Armin Laschet in einem offenen Brief auf, nicht hinter die bisherigen gesetzlichen Vorgaben zurückzufallen. „Die geplanten Neuerungen lösen die Verpflichtungen der Kommunen auf, zwingend soziale Nachhaltigkeit entlang der Lieferketten der eingekauften Produkte zu beachten. Rein rechtlich haben zwar alle öffentlichen Einkäufer weiterhin die Möglichkeit soziale und ökologische Kriterien in ihre Ausschreibungen zu integrieren, jedoch hat sich in den letzten Jahren gezeigt, dass die praktische Umsetzung in der Gestaltung öffentlicher Vergaben noch keinesfalls den Normalfall darstellt und Kommunen sowie anderer öffentliche Auftraggeber weiterhin Unterstützung bei der Umsetzung von sozialen und ökologischen Kriterien in der Vergabe benötigen. […] Es braucht, über die Angebote des Bundes und von zivilgesellschaftlichen Organisationen hinaus, rechtliche und praktische Unterstützung durch das Land. Kommunen in NRW und weltweit haben das größte Potential und damit auch die größte Verantwortung zu einer nachhaltigen Entwicklung beizutragen. Sie dürfen mit dieser Aufgabe nicht allein gelassen werden. Daher regen wir als Bonner GRÜNE an, dass Tariftreue – und Vergabegesetz NRW hierhingehend nicht zu ändern sondern vielmehr die Unterstützung der Kommunen durch das Land weiter auszubauen.“

Quelle: Landesregierung Nordrhein-Westfalen, Pressemitteilung Institut für Ökonomie und Ökumene vom 21.03.2018, Offener Brief an Ministerpräsident Armin Laschet der Bonner GRÜNEN vom 20. März 2018

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