Aktuelle Urteile

Anfragen an abgefragte Referenzen sind zu wahren

Was ist geschehen?

Der Auftraggeber schrieb Sicherheitsdienstleistungen für Flüchtlingsunterkünfte europaweit in vier Losen aus. Die abgefragten Referenzen mussten dabei unter anderem Angaben bezüglich Art der Leistung, Leistungsumfang sowie Leistungsort enthalten. Das Auftragsvolumen des Referenzauftrags musste nach den Vorgaben des Auftraggebers jeweils mindestens das Auftragsvolumen (gemessen anhand der zu leistenden Gesamtjahresstunden) des jeweils ausgeschrieben Loses abdecken. Wurde mehr als ein Los angeboten, musste durch die Referenzen nachgewiesen werden, dass bezüglich aller vom Angebot umfassten Lose vergleichbare Leistungen erbracht wurden. Für alle vier Lose wurde in Summe ein Leistungsumfang von ca. 1,8 Mio. Gesamtjahresstunden gefordert. Hinsichtlich des Leistungsorts war anzugeben, für welche Art von Gebäude („z.B. Flüchtlingsunterkunft“) die Leistungen erbracht wurden.

Der Antragsteller gab ein Angebot auf alle vier Lose ab. Die benannten Referenzen wiesen einen Leistungsumfang für alle vier Lose von 1,5 Mio. Jahresstunden aus.

Der Auftraggeber schloss das Angebot des Antragsstellers hinsichtlich aller vier Lose aus.

Was sagt das Gericht

Das OLG Frankfurt bestätigte den Ausschluss der Antragstellerin vom Vergabeverfahren mangels Nachweises der geforderten Eignung, da die angeführten Referenzangaben nicht das geforderte Stundenvolumen für alle vier Lose abdeckten. Es sei auch nicht Aufgabe des Auftraggebers zu entscheiden, für welche Lose in diesem Fall die vorgelegten Referenzen bewertet werden sollten.

Zudem sei die Forderung nach Angaben zum Leistungsort nicht zu beanstanden, da die Aufzählung zu den Referenzanforderungen in § 46 Abs. 3 Nr. 1 VgV nicht abschließend sei. Die Abfrage der Stundenzahlen war nach Auffassung des Gerichts zulässig, um die Eignung der Bieter zu prüfen.

Praxistipp

Für die Feststellung der Eignung eines Bieters kommt in der Praxis den Referenzen eine herausragende Stellung zu. Auch dann, wenn der Auftraggeber in den Vorgaben zu den Referenzen Anforderungen aufnimmt, die nicht ausdrücklich in § 46 Abs. 3 Nr. 1 VgV erwähnt sind, können diese wirksam gefordert werden. Voraussetzung ist aber stets, dass die Referenzvorgaben insgesamt mit dem Leistungsgegenstand in Verbindung und zu diesem in einem angemessenen Verhältnis stehen.

Autor

Dr. Karsten Kayser, Rechtsanwalt und Partner

Weitere Informationen


Datum: 21.12.2023
Gericht: OLG Frankfurt
Aktenzeichen: Az. 11 Verg 4/23
Typ: Beschluss
Wissen

Diese Urteile könnten Sie auch interessieren

16.09.2025 | Urteil

Änderung von Vergabeunterlagen bei Referenzangaben im Teilnahmewettbewerb

Fehlerhafte Referenzangaben im Teilnahmewettbewerb können zum Ausschluss führen – selbst kleine Abweichungen haben laut aktueller Entscheidung strenge Folgen.
Mehr erfahren
18.08.2025 | Urteil

Leistungsbestimmungsrecht des Auftraggebers – IT-Beschaffung an Schulen

Schulen dürfen gezielt interaktive Displays eines Herstellers ausschreiben, wenn objektive Gründe vorliegen. Was das für Bieter bedeutet, erfahren Sie hier auf Vergabe24.
Mehr erfahren
21.07.2025 | Urteil

Mehrdeutige Anforderungen an „abgeschlossene Geschäftsjahre” – Vergabeunterlagen müssen eindeutig sein

Ein Angebot darf bei unklarer Forderung nach „abgeschlossenen Geschäftsjahren“ nicht ausgeschlossen werden – Vergabekammer stärkt Bieterrechte bei Unsicherheiten.
Mehr erfahren
18.06.2025 | Urteil

EuGH: Kein Vergabeverfahren ohne Teilnahmewettbewerb bei zurechenbaren Ausschließungsrechten

Der EuGH schränkt Vergaben ohne Teilnahmewettbewerb weiter ein: Ausschließlichkeitsrechte allein reichen nicht – Auftraggeber müssen Marktöffnung aktiv ermöglichen.
Mehr erfahren
11.06.2025 | Urteil

Zur Kombination von Referenzleistungen

Referenz zu klein? Gericht kippt Zuschlag bei öffentlicher Vergabe – warum ein Einzelauftrag über 10.000 Stück entscheidend war und was Bieter jetzt beachten müssen.
Mehr erfahren
21.05.2025 | Urteil

Dokumentationsmangel nicht per se wettbewerbswidrig

Ein Dokumentationsmangel führt nicht automatisch zur Rechtswidrigkeit eines Vergabeverfahrens. Der Mangel muss sich auf die Chancen des Bieters im Wettbewerb nachteilig ausgewirkt haben.
Mehr erfahren
22.04.2025 | Urteil

Zur wirksamen Aufhebung von Vergabeverfahren

Eignungskriterien fehlen, Ausschreibung aufgehoben – was nun? Alles zur aktuellen Entscheidung und rechtlichen Einordnung jetzt im Überblick.
Mehr erfahren
17.03.2025 | Urteil

Kein Vertrauenstatbestand bei fehlender Eignung

Fehler bei der Eignungsprüfung! Trotz Einladung zum Verfahren erfolgte der Ausschluss. Lernen Sie, wie Sie solche Vergabeprobleme vermeiden können!
Mehr erfahren
20.02.2025 | Urteil

Fehlerhafte Gestaltung der Fachloszuschnitte: Verstoß gegen Wettbewerbs- und Transparenzgrundsatz?

Ein fehlerhafter Fachloszuschnitt kann den Wettbewerbs- und Transparenzgrundsatz verletzen und zur Aufhebung eines Vergabeverfahrens führen. Erfahren Sie, wie sich Bieter schützen und welche Vorgaben öffentliche Auftraggeber beachten müssen.
Mehr erfahren
16.01.2025 | Urteil

Nachprüfungsantrag: Fristen und Zuschlagsverbot im Fokus

Nachprüfungsantrag verpasst? Ein OLG-Beschluss zeigt, wie wichtig Fristen im Vergaberecht sind. Lesen Sie jetzt, was Bieter beachten müssen, um den Zuschlag nicht zu verlieren.
Mehr erfahren
Zum Wissensbereich