Was ist passiert?
Bei der Vergabe eines Entlassungsmanagements – einer IT-Lösung im Krankenhausbereich – hatte der Auftraggeber die Einhaltung der DSGVO vorgegeben. Das Angebot des Bestbieters sah hierbei den Einsatz von Hosting-Leistungen eines europäischen Cloud-Anbieter mit U.S.-amerikanischer Konzernmutter vor. Die Datenspeicherung sollte hierbei ausschließlich auf Servern in Deutschland erfolgen. Die Vereinbarung zur Auftragsdatenverarbeitung des Cloud-Anbieters sah vor, dass eine Herausgabe von Kundendaten an Dritte bzw. eine Übermittlung aus Deutschland heraus ausgeschlossen ist. Etwas anderes sollte nur gelten, sofern eine Herausgabe oder Übermittlung für die Erbringung der Dienste oder zur Einhaltung gesetzlicher Vorschriften oder rechtsverbindlicher Anordnungen staatlicher Stellen erforderlich ist.
Ein anderer Bieter griff die beabsichtigte Zuschlagserteilung an, und machte geltend, dass das für den Zuschlag vorgesehene Angebot aufgrund des vorgesehenen Einsatzes des Cloud-Anbieters nicht der DSGVO entspreche. Die Nutzung von Hosting-Leistungen eines europäischen Cloud-Dienstleisters mit U.S.-amerikanischer Muttergesellschaft stelle unabhängig vom Ort der Datenspeicherung eine unzulässige Datenübermittlung in ein Drittland dar.
Die Vergabekammer Baden-Württemberg folgte dieser Auffassung und verfügte den Ausschluss des erstplatzierten Angebots wegen unzulässiger Änderung der Vergabeunterlagen im Sinne von § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV. Hiergegen wurde sofortige Beschwerde erhoben.
Die Entscheidung
Das OLG Karlsruhe folgte der Ansicht der Vergabekammer nicht und wies den Nachprüfungsantrag zurück. Nach Auffassung des Senats ist im Rahmen eines Vergabeverfahrens grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Bieter seine vertraglichen Zusagen erfüllen wird. Erst dann, wenn sich aufgrund konkreter Anhaltspunkte Zweifel daran ergeben, muss der öffentliche Auftraggeber ergänzende Informationen einholen und die Erfüllbarkeit des Leistungsversprechens prüfen.
Vorliegend lag eine eindeutige Auftragsverarbeitungserklärung des Bestbieters vor. Auf dieser Grundlage durfte der Auftraggeber darauf vertrauen, dass der Bestbieter die Vorgaben vertragsgemäß umsetzen wird. Das Angebot weicht nach der Entscheidung des Vergabesenats daher nicht von den in der Ausschreibung formulierten Anforderungen an Datenschutz und IT-Sicherheit ab.
Praxistipp
Das OLG Karlsruhe bestätigt, dass der Auftraggeber grundsätzlich im Rahmen der Angebotsprüfung auf das Leistungsversprechen der Bieter vertrauen darf. Der Auftraggeber ist auch nicht schutzlos bei Nichterfüllung des Leistungsversprechens. Allerdings ist dies nach Zuschlagserteilung keine vergaberechtliche, sondern eine vertragsrechtliche Frage.
Autor
Menold Bezler Rechtsanwälte Steuerberater Wirtschaftsprüfer Partnerschaft mbB
Dr. Karsten Kayser, Rechtsanwalt
Weitere Informationen
Typ: Urteil