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Vergaberecht, aktuelle Urteile

Formal, ja – aber keine bloße Förmelei

Der Vergabesenat des Kammergerichts sieht in klarstellenden Hinzufügungen keine Änderung der Vergabeunterlagen.

Was ist passiert?

Der Beschwerdeführer schrieb Sicherheitsdienstleistungen aus. Als Eignungsnachweis forderte der Beschwerdeführer die Angabe der jährlichen Beschäftigtenzahl der jeweils letzten drei Jahre.

Der Beschwerdegegner gab die Beschäftigtenzahl für die letzten drei Jahre an. Er ergänzte den Kopf der dafür vorgesehenen Tabelle allerdings jeweils mit der A-GmbH. Hintergrund war, dass der Beschwerdegegner früher ein Geschäftsbereich der A-GmbH gewesen war und der Beschwerdegegner die A-GmbH durch Verschmelzung und Betriebsübergang „abgelöst“ hatte.

Der Beschwerdeführer schloss den Beschwerdegegner u.a. wegen Änderung an den Vergabeunterlagen gemäß § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV aus. Die Vergabekammer Berlin sah in dem Ausschluss eine Verletzung des Beschwerdegegners in seinen Rechten und verpflichtete den Beschwerdeführer zur Angebotswertung unter Einbeziehung des Beschwerdegegners. Der Beschwerdeführer zog vor das Kammergericht – ohne Erfolg.

Die Entscheidung

Das Kammergericht stellte in seiner Entscheidung klar, dass keine unzulässigen Änderungen an der Vergabeunterlagen gemäß § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV vorlagen. Die Vorschrift sichere die Abgabe vergleichbarer Angebote. Der Auftraggeber solle die ausgeschriebene und keine andere Leistung erhalten. Der Schutzzweck der Vorschrift sei daher nur bei inhaltlichen Änderungen jeglicher Art verletzt.

In der ergänzenden Nennung der A-GmbH – lediglich zum besseren Verständnis – liege eine solche inhaltliche Änderung gerade nicht.

Praxistipp

Die Entscheidung des Kammergerichts verdeutlicht, dass beim Ausschlussgrund des § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV eine rein formale Betrachtung verfehlt ist. Vergaberecht will fairen Wettbewerb im Rahmen eines klar reglementierten Verfahrens gewährleisten. Ein Ausschluss wäre im vorliegenden Fall aber bloße Förmelei gewesen. Bieter sollten mit Ergänzungen – seien Sie noch so gut gemeint – dennoch äußerst zurückhaltend sein. Manipulative Änderungen an den Vergabeunterlagen wie Streichungen oder inhaltliche Ergänzungen führen weiterhin zum zwingenden Ausschluss des Angebots.

Autor: Dr. Karsten Kayser, Rechtsanwalt

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Beschluss
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