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Vergaberecht, aktuelle Urteile

Vorgabe von Mindestanforderungen an Nebenangebote

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat sich in einer aktuellen Entscheidung mit der Vorgabe von Mindestanforderungen an Nebenangebote auseinandergesetzt.

Was ist passiert?

Der öffentliche Auftraggeber schrieb in einem Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb die Errichtung neuer Infrastruktur und öffentliche Erschließung eines Wohnviertels europaweit aus. Im Rahmen der Bekanntmachung ließ er Nebenangebote ausdrücklich zu.

In den Teilnahmebedingungen wurden folgende Vorgeben zu Nebenangeboten getroffen: „Nebenangebote müssen die geforderten Mindestanforderungen erfüllen. Dies ist mit der Angebotsabgabe nachzuweisen.“

Weitere Vorgaben enthielten die Vergabeunterlagen jedoch nicht.

In dem Nebenangebot des späteren Antragsstellers wurde ein nicht im Leistungsverzeichnis vorgesehenes Recycling-Material angeboten. In der Folge wurde das Nebenangebot durch den Auftraggeber ausgeschlossen.

Nach erfolglosen Rüge- und Nachprüfungsverfahren legte der Antragsteller sofortige Beschwerde ein.

Die Entscheidung

Mit Erfolg! Das Angebot des Antragstellers durfte nicht ausgeschlossen werden. Nach Auffassung des OLG Frankfurt am Main fehlte es bereits an wirksam festgelegten Mindestanforderungen an die Nebenangebote.

Zwar müssen Mindestanforderungen für Nebenangebote nicht ausdrücklich als solche bezeichnet werden. Es sei jedoch erforderlich, dass die Bieter erkennen können, dass es sich um eine Mindestanforderung handelt.

Die Auslegung der Vorgaben im Leistungsverzeichnis ergebe vorliegend aber nicht, dass diese auch als Mindestanforderung für Nebenangebote zu verstehen waren.

Das Leistungsverzeichnis befasse lediglich mit den Anforderungen, die an das Hauptangebot gestellt werden. Der Zweck eines Nebenangebots liege in der  Abgabe eines Angebots mit einer von den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses abweichenden Leistung. Daher könne eine Vorgabe des Leistungsverzeichnisses nicht zugleich auch als Mindestanforderung für Nebenangebote verstanden werden.

Zudem sei eine allgemeine Gleichwertigkeitsprüfung zwischen Haupt- und Nebenangeboten unzulässig.

Wenn Auftraggeber Nebenangebote zulassen, müssen sie nach Auffassung des Vergabesenats gem. § 8 EU Abs. 2 Nr. 3 lit. b) VOB/A Mindestanforderungen festlegen, denen die Nebenangebote genügen müssen. 

Praxistipp

Die Abgabe von Nebenangeboten kann bei unklaren Vergabeunterlagen herausfordernd sein. Bei Unklarheit über die Mindestanforderungen für die Nebenangebote ist es zielführend, Bieterfragen zu stellen.

Autor

Menold Bezler Rechtsanwälte Steuerberater Wirtschaftsprüfer Partnerschaft mbB
Dr. Karsten Kayser, Rechtsanwalt

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Urteil
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