Was ist passiert?
Ein öffentlicher Auftraggeber (nachfolgend AG) schrieb Bauleistungen aus. Das Ende der Angebotsfrist war der 11.03.2021 um 10:00 Uhr. Einziges Zuschlagskriterium war der Preis. Die Antragstellerin reichte am 11.03.2021 ein Angebot über die Vergabeplattform ein. Die Vergabeplattform dokumentierte den Eingang mit 10:00:03 Uhr. Das Angebot der Antragstellerin war preislich auch das Günstigste.
Der AG schloss das Angebot der Antragstellerin als verspätet gem. § 16 EU Nr. 1 VOB/A aus. Nach erfolgloser Rüge zog die Antragstellerin vor die Vergabekammer.
Die Entscheidung
Mit Erfolg! Im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens stellte sich heraus, dass der vollständige Upload des Angebots bereits kurz vor 10:00 Uhr erfolgt war. Lediglich durch die Verschlüsselung des Dokuments durch die Vergabeplattform hatte sich die Öffnungsmöglichkeit für den AG auf einen Zeitpunkt nach Fristablauf verzögert, weshalb die Vergabeplattform zunächst 10:00:03 Uhr als Zeitpunkt der Angebotseinreichung dokumentiert hatte.
Auf diesen späteren Zeitpunkt der Öffnungsmöglichkeit kam es nach der Vergabekammer für den Eingang des Angebots aber nicht mehr an. Verzögerungen durch Bearbeitungsschritte der bereits eingegangenen Angebotsdaten wie Verschlüsselung oder Umspeichern in den gesicherten Auftraggeberbereich auf der Vergabeplattform dürften nicht zu einer faktischen Verkürzung der Angebotsfrist führen.
Praxishinweis
- Die Entscheidung betrifft einen Sonderfall. Regelmäßig lassen Vergabeplattformen einen dokumentierten Eingang des Angebots nach Ende der Angebotsfrist nicht zu.
- Bieter sollten sich unbedingt möglichst frühzeitig mit dem Upload des Angebots über die Vergabeplattform befassen.
- Verfristet eingegangene Angebote führen in aller Regel zum Ausschluss aus dem Vergabeverfahren.
Autor
Menold Bezler Rechtsanwälte Steuerberater Wirtschaftsprüfer Partnerschaft mbB
Dr. Karsten Kayser, Rechtsanwalt und Partner
Weitere Informationen
Datum: 15.11.2021
Gericht: VK Südbayern
Aktenzeichen: Beschl. 3194.Z3-3_01-21-20
Typ: Beschluss