Die Bothur GmbH & Co. KG in Großenhain bei Dresden ist im Bereich Abbruch/Entsorgung, Kran- und Transportarbeiten tätig. Öffentliche Aufträge sind für die Firma sehr wichtig, sagt Stefan Bothur, Leiter Einkauf/Öffentliches Auftragswesen/IT. In seiner Branche und bei den begrenzten Projektgrößen, um die sich das Unternehmen auf Grund seiner Größe bewerben kann, habe er bisher den Zuschlag nur durch Nebenangebote erzielen können, die eine Pauschalisierung des Angebotes beinhalteten. Insofern sei der Nachweis der Gleichwertigkeit auch nicht aufwendig. Die Qualität des Nebenangebots entspreche dem des Hauptangebots, das in der Regel mit dem Nebenangebot abgegeben werden muss. Stefan Bothur: „Bei Abbruch und Entsorgung geht es schlicht und einfach in 99 Prozent der Fälle um den Preis.“ Schließen Ausschreiber Pauschalangebote nicht aus, gebe es auch dabei Wettbewerb.
Von Gleichwertigkeit und Preis
Im Rahmen eines Straßenneubaus schrieb das Staatliche Bauamt Weilheim einen Bodenaustausch aus. Als Alternative dazu schlug ein Bieter in einem Nebenangebot eine Bodenverbesserungsmaßnahme vor. Technisch war diese Lösung gleichwertig, der Preis war günstiger, das Nebenangebot erhielt den Zuschlag, so Michael Kordon, Amtsleiter des Staatlichen Bauamts Weilheim und Vizepräsident der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau.
Aus heutiger Sicht sei das Vorgehen problematisch. Denn der Bundesgerichtshof urteilte im Januar 2014, dass, wer Nebenangebote zulassen möchte, nicht allein den Preis als Zuschlagskriterium wählen dürfe. Nebenangebote erforderten einen weiteren Schritt in der Angebotswertung, der einen Qualitätsvergleich zwischen Haupt- und Nebenangeboten ermöglicht, und dafür müssten auf den konkreten Auftragsgegenstand und den dadurch zu deckenden Bedarf zugeschnittene Zuschlagskriterien festgelegt sein.
Dass der Preis häufig entscheidendes oder alleiniges Entscheidungskriterium ist, liegt nahe, da die Definition weiterer Kriterien mit Blick auf nicht bekannte, eventuell sehr unterschiedliche Lösungsalternativen eine Herausforderung sein kann. Schwierig erscheint u.a. die Beurteilung, ob definierte Mindestbedingungen noch zu allgemein oder gerade noch ausreichend konkret sind. Werden sachlich-technische Mindestanforderungen mit Verweis auf allgemein zugängliche Regelwerke, Richtlinien u.ä. gesetzt, dürfen auch diese nicht zu allgemein sein.
„Grundsätzlich müssen Nebenangebote natürlich in Bezug auf Sicherheit, Gesundheit und Gebrauchstauglichkeit gleichwertig sein. Sie müssen eindeutig und erschöpfend beschrieben sein, und die Gleichwertigkeit eines Nebenangebotes muss nachgewiesen sein“, sagt Michael Kordon. In die Wertung kommen überhaupt nur Angebote, die dem in den Vergabeunterlagen dokumentierten Bedarf und „Bestellerwillen“ der ausschreibenden Stelle nachweislich in allen technischen und wirtschaftlichen Details gerecht werden. Weshalb der EuGH von den Ausschreibenden die Angabe von Mindestanforderungen bereits in der Ausschreibung verlangt. Denn Transparenz über das Verfahren und Gleichbehandlung aller Bieter müssen durchgängig gewährleistet bleiben.
Nebenangebote werten im Rahmen der HOAI
Vergabestellen beauftragen im Rahmen von Ausschreibungen bisweilen Architekten und Ingenieure mit der Prüfung und Wertung von abgegebenen Angeboten, ggf. einschließlich der Nebenangebote und Änderungsvorschläge, so zulässig, und zwar nach HOAI für die Leistungsphase 7 „Mitwirkung bei der Vergabe“. Die Wertung umfasst die Abgabe einer Beurteilung, ob das Unternehmen, das ein Nebenangebot abgibt, technisch und wirtschaftlich in der Lage sein wird, das abgegebene Angebot zum angebotenen Preis zu erbringen.
Laut Urteil des Oberlandesgerichts Schleswig vom April 2006 stellt die Prüfung von Nebenangeboten keine vergütungspflichtige besondere Leistung dar, sofern es sich nicht um grundlegend andere Konstruktionen im Hinblick auf die technische und funktionelle Durchführbarkeit handle, die Planungsänderungen zur Folge hätten. Peter Krones, Leiter des Zentralen Vergabebüros von Dresden, sieht das durchaus kritisch. Meist seien im Rahmen der Wertung Nachfragen bei den Bietern nötig, weil die im Nebenangebot getroffenen Aussagen nicht ausreichend und aussagekräftig genug seien. Generell gebe es das Problem der „zu geringen Vergütung der Leistungsphase 7 HOAI. Nebenangebote erschweren die Auswertungsqualität zusätzlich“. Das heißt die Qualität der Angebotswertung könne sinken, weil auf der einen Seite für die Nebenangebote der Aufwand überdurchschnittlich hoch ist, während das Entgelt dafür gleich bleibt auf sowieso schon kaum auskömmlichem Niveau.
Zumindest bei Verkehrsanlagen sind das Prüfen und Werten von Nebenangeboten eine besondere Leistung in der HOAI, sagt Michael Kordon, Amtsleiter des Staatlichen Bauamts Weilheim und Vizepräsident der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau, „und kann daher vergütet werden“.
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Promotion in Politikwissenschaften. Ressortleiterin (Print, Web) bei der Bayerischen Staatszeitung, u.a. verantwortlich für den Bereich Planen & Bauen, Ausschreibung & Vergabe. Heute freiberufliche Beratungstätigkeit im Bereich Marketing & Kommunikation (online, offline, multimedial), Öffentlichkeitsarbeit & PR, Messe- & Eventmanagement.