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Vergaberecht, aktuelle Urteile

Keine Addition bereits geleisteter Arbeiten zum Auftragswert bei Neuvergabe der Restarbeiten

Die Vergabekammer des Bundes stellt in einer aktuellen Entscheidung klar, dass es bei der Bestimmung des Auftragswerts nur auf die noch zu beschaffenden Leistungen ankommt.

Was ist passiert?

Ein öffentlicher Auftraggeber (AG) schrieb Streckensanierungsarbeiten inklusive der Sanierung einer Brücke in einem einheitlichen Bauauftrag europaweit aus. Der geschätzte Gesamtwert belief sich auf 6,3 Mio. € netto. Eine Losaufteilung war nicht vorgesehen.

Nach teilweise erbrachter Leistung kündigte der Auftraggeber den Vertrag aus wichtigem Grund. Bisher erbrachte Leistungen wurden abgenommen. Auf Grundlage einer neuen Kostenschätzung für die noch auszuführenden Restleistungen, die unter dem maßgeblichen EU-Schwellenwert blieb, schrieb der AG die verbleibenden Leistungen national in einer beschränkten Ausschreibung aus. Der ursprüngliche Auftragnehmer wurde nicht beteiligt. Der Auftragnehmer des ursprünglichen Auftrags griff die Neuvergabe vor der Vergabekammer an. Dabei trug er unter anderem vor, dass der Auftragswert den EU-Schwellenwert überschreite. Auch der Wert der bereits vor Kündigung erbrachten Leistungen müsse zum Auftragswert (u.a. wegen § 3 Abs. 7 und 8 VgV) addiert werden.

Die Entscheidung

Der Nachprüfungsantrag war nach Ansicht der Vergabekammer des Bundes nicht statthaft und bereits unzulässig zu verwerfen. Die Kostenschätzung war nicht zu beanstanden.

Die Vergabekammer argumentierte insbesondere mit dem Zweck des § 3 Abs. 1 VgV. Die Kostenschätzung habe sich auf den Beschaffungsbedarf zu richten. Wurden Teile eines Auftrags bereits abschließend abgearbeitet, so bestehe bezüglich dieser Bestandteile kein Bedarf mehr. Die diesbezügliche Beschaffung sei abgeschlossen und liege in der Vergangenheit. Nichts anderes ergebe sich aus § 3 Abs. 7 und 8 GWB. Die Vorschriften seien bei der gesamthaften Vergabe (ohne Losaufteilung) eines Auftrags nicht einschlägig.

Die teilweise Erfüllung eines Beschaffungsbedarfs führe nicht zu einer „nachträglichen de-facto Losaufteilung“.

Praxistipp

Der vorliegende Fall veranschaulicht, wie tückisch der vergaberechtliche Rechtsschutz für Bieter sein kann. Ist die Bestimmung des Auftragswerts nicht zu beanstanden, scheitert ein Nachprüfungsantrag bereits an der Zulässigkeit. Für den Rechtsschutz im Unterschwellenbereich sind die Vergabekammern nicht zuständig.

Autor

Menold Bezler Rechtsanwälte Steuerberater Wirtschaftsprüfer Partnerschaft mbB
Dr. Karsten Kayser, Rechtsanwalt

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Urteil
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