Kenntnis des Vergaberechtsverstoßes
Die Frist beginnt nicht schon bei Kenntnis der tatsächlichen Umstände, erforderlich ist grundsätzlich auch eine laienhafte Wertung als Vergaberechtsverstoß.
Ab Kenntnis des Vergaberechtsverstoßes bleiben einem Unternehmen nur 30 Kalendertage, um eine unzulässige de facto-Vergabe mit einem Nachprüfungsverfahren anzugreifen und die Unwirksamkeit des Vertrags feststellen zu lassen. Die Frist beginnt aber grundsätzlich nicht schon bei Kenntnis allein der tatsächlichen Umstände, erforderlich ist grundsätzlich auch eine laienhafte Wertung als Vergaberechtsverstoß.
Das OLG München hat nun einen Nachprüfungsantrag gegen die Vergabe von Planungsleistungen als verspätet zurückgewiesen, da das betroffene Architekturbüro zu diesem Zeitpunkt, im April 2012, schon aus Vorgesprächen im Jahr 2010, jedenfalls aber seit Veröffentlichung der Ergebnisse des vorangegangenen Wettbewerbs im Jahr 2011 von dem Vergabeverfahren und auch von der eigenen Nichtberücksichtigung wusste. Da es daraufhin untätig geblieben war, durfte der Auftraggeber darauf vertrauen, dass kein Nachprüfungsantrag gegen die nachfolgende Vergabe der Planungsleistungen eingeleitet wurde.
Unerheblich war, dass die Anwendung des Vergaberechts auf diese Planungsleistungen, die ein privater Baukonzessionär beauftragte, erst im April 2012 auf den Nachprüfungsantrag eines anderen Wettbewerbers hin letztinstanzlich festgestellt wurde. Das OLG München entschied, dass § 101b Abs. 2 GWB seiner Zielsetzung nach nicht solche Fälle erfasse, in denen aufgrund einer Änderung oder Neuorientierung der Rechtsprechung die Ausschreibungspflicht auf Sachverhalte übertragen wird, die bislang von allen Beteiligten als nicht ausschreibungspflichtig angesehen wurden. § 101b GWB diene nicht dazu, dass am Ausgangsverfahren nicht beteiligte Dritte nach länger dauernden gerichtlichen Verfahren, an deren Ende erstmals eine Ausschreibungspflicht festgestellt werde, alte Verträge „wieder aufrollen“ könnten.
Fazit
Die Entscheidung des OLG München schützt das Interesse an wirksamen und vollziehbaren Verträgen. Zu beachten ist jedoch, dass die Entscheidung die Besonderheiten des Falls herausstellt, so dass abzuwarten bleibt, inwieweit sich im Hinblick auf Rechtsprechungsänderungen generell eine großzügigere Praxis etablieren wird.
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