Was ist passiert
Ein (kirchlicher) eingetragener Verein, der selbst Pflegeheime betreibt, führte einen Planungswettbewerb zum Neubau eines Pflegezentrums durch. Im Rahmen des wettbewerblichen Verfahrens legte ein Bieter den zwingend geforderten Rahmenterminplan nicht vor. Der Bieter wurde daher mit Informationsschreiben gem. § 134 GWB vom Verfahren ausgeschlossen. Der Bieter zog wegen des Ausschlusses vor die Vergabekammer.
Die Entscheidung
Erfolglos! Die Vergabekammer verwarf den Nachprüfungsantrag bereits als unzulässig, weil der Verein kein öffentlicher Auftraggeber sei.
Dabei befasste sich die Vergabekammer im Rahmen der Prüfung der besonderen Staatsnähe des Vereins insbesondere mit der Frage, welche Anforderungen an das Tatbestandsmerkmal des § 99 Nr. 2 lit. b) GWB zu stellen sind. Besondere Staatsnähe liegt demnach vor, wenn die Leitung des Vereins der Aufsicht durch Stellen anderer Auftraggeber – also des Staats – unterliegt. Eine Aufsicht über die Leitung im Sinne der Vorschrift liege nur vor, wenn die Möglichkeit zur Beeinflussung in Bezug auf öffentliche Aufträge bestehe. Eine rein nachträgliche Kontrolle erfülle das Kriterium daher grundsätzlich nicht, da dann kein Einfluss auf Vergabeentscheidungen ausgeübt werden könne. Vorliegend bestünden aus dem einschlägigen Pflege- und Wohnqualitätsgesetz in Bayern zwar gegenüber den Betreibern von Pflegeheimen insbesondere im Fall von Missständen weitreichende staatliche Kompetenzen. Bei Missständen könnten sofortige Anordnungen getroffen werden. Im Einzelfall sei sogar die Einsetzung einer kommissarischen Leitung möglich. Da diese weitreichenden Befugnisse aber nur im Fall von Missständen bestünden und im laufenden Betrieb keine derart weitrechende Einflussmöglichkeit bestehe, reiche dies nicht für eine staatliche Aufsicht i.S.d. § 99 Nr. 2 lit. b) GWB aus. Die Vergabekammer war für die Überprüfung des Vergabeverfahrens daher bereits nicht zuständig. In einer Entscheidung aus dem Jahr 2017 hatte die Vergabekammer dies noch gegenteilig beurteilt.
Praxishinweis
Die Auftraggebereigenschaft der ausschreibenden Stelle hat für Bieter teils weitreichende Konsequenzen, weil sie über die Zuständigkeit der Vergabekammern entscheiden kann. Insbesondere bei Ausschreibungen von gemeinnützigen Vereinen, sollte daher auf diesen Aspekt seitens der Bieter besonders geachtet werden.
Menold Bezler Rechtsanwälte Steuerberater Wirtschaftsprüfer Partnerschaft mbB
Dr. Karsten Kayser, Rechtsanwalt und Partner
Weitere Informationen
Datum: 30.05.2022
Gericht: VK Südbayern
Aktenzeichen: 3194.Z3-3-01-21-70
Typ: Beschluss