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Service, Nachrichten
25.08.2014, Schleswig-Holstein

Unklarheiten bei "Günstigsten-Klausel"

Beim Tariftreue- und Vergabegesetz (TTG) von Schleswig-Holstein bestehen Unklarheiten bei "Günstigsten-Klausel".

Der § 4 TTG SH regelt die Tariftreuepflicht und den schleswig-holsteinischen Mindestlohn von 9,18 € pro Stunde. Nach dem Wortlaut des Gesetzes sind drei Konstellationen vorgesehen:

  • Die ausgeschriebene Leistung liegt im Geltungsbereich des Arbeitnehmerentsendegesetzes (AEntG). Bieter haben die Tarifverträge nach AEntG einzuhalten (§ 4 Abs. 1 TTG).
  • Die ausgeschriebene Leistung betrifft den ÖPNV/SPNV. Bieter haben den durch Rechtsverordnung des für Arbeit zuständigen Ministeriums für repräsentativ erklärten Tarifvertrages einzuhalten. Da dieser „repräsentative“ Tarifvertrag noch nicht abgeschlossen worden ist, gilt hilfsweise im Verkehrsbereich der Mindestlohn von 9,18 €. (§ 4 Abs. 2 TTG)
  • Bei Aufträgen, die nicht den Vorgaben nach Absatz 1 oder 2 unterliegen, gilt das Mindeststundenentgelt von 9,18 € (§ 4 Abs. 3 TTG).

Jede ausgeschriebene Leistung kann daher nur einer der oben beschriebenen Konstellationen zugeordnet werden.

Das möglicherweise erklärte Ziel des Gesetzgebers, den Mindestlohns von 9,18 € auch bei niedrigeren Tarifvereinbarungen aus den Bereichen des AEntG oder des repräsentativen Tarifvertrages im Verkehrsbereich zu gewährleisten, ist allerdings durch den Wortlaut des § 4 Abs. 4 TTG nicht begründbar. Diese „Günstigsten-Klausel“ soll nach dem Wortlaut zum Tragen kommen, wenn die Vergabe des Auftrags die Voraussetzungen von mehr als einer der oben beschriebenen Konstellationen erfüllt. Dieser Fall ist praktisch nicht denkbar.

Die ersten Handlungsanweisungen des zuständigen Wirtschaftsministeriums haben für diesen Sonderfall empfohlen, das Mindeststundenentgelt z.B. nach AEntG selbst dann zu berücksichtigen, wenn dieses unterhalb des Mindestlohns von 9,18 € liegt. Beispiel: Wäschereidienstleistungen nach AEntG 8,25 € West; 7,50 € Ost. Vergleichbare Differenzen finden sich in der Pflegebranche und bei Arbeitnehmerüberlassungen.
In den aktuellen Handlungsanweisungen vom 01.04.2014 findet sich dieser Hinweis nicht mehr. Vielmehr hat nunmehr der Bieter „zu prüfen und zu entscheiden und beim Ausfüllen der entsprechenden Formblätter zu berücksichtigen“, ob seine Branche betroffen ist und ob die Voraussetzungen des § 4 TTG erfüllt sind.

Praxistipp

Eine rechtsichere Klarstellung durch den Gesetzgeber ist dringend gefordert. Bis zu diesem Zeitpunkt sollten Vergabestellen in den Verdingungsunterlagen bei Ausschreibungen mit entsprechenden Leistungsinhalten eigene eindeutige Vorgaben machen. Ist dies in den Verdingungsunterlagen nicht der Fall, sollten Bieter vor Abgabe des Angebotes und der entsprechenden Verpflichtungserklärungen die Vergabestelle um Aufklärung nach § 12 VOB/A oder analog VOL/A fordern. Bei Zeitnot kann das Angebot ohne die Verpflichtungserklärung abgegeben werden; diese muss nach § 8 Abs. 2 TTG fristbewehrt vom Auftraggeber nachgefordert werden.

Quelle: Gemeinsamer Newsletter der Auftragsberatungsstellen in Deutschland, Ausgabe Nr. 8/August 2014

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