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Vergaberecht, aktuelle Urteile

Auftraggeber dürfen widersprüchliche Angebote nicht direkt ausschließen

Die VK Nordbayern bestätigt in einem aktuellen Beschluss, dass ein in sich widersprüchliches Angebot nicht unmittelbar einen Ausschlussgrund wegen Änderung an den Vergabeunterlagen begründet.

Was ist passiert?

Ein öffentlicher Auftraggeber schrieb europaweit die Lieferung von Kleinkehrmaschinen in einem offenen Verfahren aus. Die Leistung war aufgeteilt in drei Lose. Das von den Bietern auszufüllende Angebotsformular beinhaltete folgenden Passus:
„An mein/unser Angebot halte(n) ich/wir mich/uns bis zum Ablauf der Bindefrist gebunden.“

Der Bieter gab das Angebotsformular korrekt ausgefüllt ab.

Zudem waren dem Angebotsformular allerdings drei Begleitschreiben beigefügt, die sich jeweils auf ein Los bezogen und Preisangaben enthielten. Jedes dieser Begleitschreiben enthielt den Vermerk „freibleibendes Angebot“. Mit diesem Begriff wird ein „unverbindliches Angebot“ bezeichnet. Daraufhin wurde das Angebot durch den Auftraggeber wegen Änderung der Vergabeunterlagen ausgeschlossen. Der Bieter wies darauf hin, das maßgebliche Angebotsformular korrekt und vollständig ausgefüllt zu haben – lediglich auf den freiwilligen Begleitschreiben wurde der Zusatz „freibleibendes Angebot“ mitabgedruckt.

Nach erfolgloser Rüge seitens des Bieters reichte dieser einen Nachprüfungsantrag ein.

Die Entscheidung

Die Vergabekammer Nordbayern gab dem Bieter Recht. Zunächst legte die Vergabekammer das Angebot des Bieters nach dem objektiven Empfängerhorizont aus und gelangte zu dem Ergebnis, dass ein widersprüchliches Angebot vorliegt. Schließlich erklärt der Bieter sein Angebot einmal für verbindlich und einmal für unverbindlich.

Die Widersprüchlichkeit selbst stellt aber keinen in § 57 VgV normierten Ausschlusstatbestand dar. Das Angebot ist vielmehr zunächst aufzuklären.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung konnte der Bieter aus Sicht der Vergabekammer darlegen, dass die Angabe in den Begleitschreiben lediglich auf einem Missverständnis beruhte und er ein verbindliches Angebot abgeben wollte. Eine förmliche Aufklärung war damit obsolet. Ein Ausschlusstatbestand lag damit aus Sicht der Vergabekammer nicht vor. Vielmehr entsprach das Angebot vollständig den Vergabeunterlagen.

Praxistipp

Dass widersprüchliche Angaben regelmäßig zunächst einer Aufklärung bedürfen, ist sicher richtig. Inwiefern das Ergebnis der Aufklärung allerdings einen Ausschluss verhindern kann, muss im Einzelfall beurteilt werden. Denn die zulässige Aufklärung ist von einer unzulässigen Angebotsänderung / Nachverhandlung abzugrenzen. Die Abgrenzung ist nicht immer problemlos möglich. Bieter sollten im eigenen Interesse unbedingt darauf verzichten, unaufgefordert zusätzliche Unterlagen einzureichen oder auch Angebotsinhalte zu erläutern und damit Widersprüche zu provozieren.

Quelle:

Autor: Dr. Karsten Kayser

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Beschluss
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