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Erst Anhörung, dann Ausschluss

In einer aktuellen Entscheidung stellte der Vergabesenat des Oberlandesgerichts (OLG) München klar, dass ein Bieter grundsätzlich anzuhören ist, bevor er wegen einer vormaligen „Schlechtleistung“ bei der Vertragsausführung ausgeschlossen werden kann.

Was war vorgefallen?

Der öffentliche Auftraggeber schrieb mit europaweiter Bekanntmachung Reinigungsleistungen für eine städtische Schule im offenen Verfahren aus. An der Ausschreibung beteiligte sich auch der bisherige Leistungserbringer und spätere Antragsteller als Bieter, obwohl der öffentliche Auftraggeber den alten Vertrag wegen mangelhafter Reinigungsleistungen gekündigt hatte.

Der Auftraggeber schloss den Bieter daraufhin wegen der mangelhaften Vertragsausführung nach § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB vom weiteren Verfahren aus. Im Vergabevermerk führte er zur Begründung aus, dass die Reinigungsleistungen im Vorfeld der Kündigung des Reinigungsvertrags mehrfach erhebliche Mängel aufgewiesen hätten.

Der Bieter war der Auffassung, dass die Voraussetzungen für einen Ausschluss nicht erfüllt seien. Der Auftraggeber habe bei der Ausschlussentscheidung sein Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt – insbesondere habe keine vorherige Anhörung stattgefunden.

Gegen den Ausschluss beantragte der Bieter – im Ergebnis erfolglos – Nachprüfung vor der Vergabekammer. Auf die daraufhin eingereichte sofortige Beschwerde gab das OLG München schließlich dem Bieter Recht.

Die Entscheidung

Nach Ansicht des OLG München war der Ausschluss vergaberechtswidrig.

Ob eine künftige Schlechtleistung zu erwarten ist, stellt eine Prognoseentscheidung dar. Eine künftige Schlechtleistung kann dabei durchaus auch aus einer erheblichen Schlechtleistung in der Vergangenheit abgeleitet werden. Vor einem Ausschluss nach dem hierfür maßgeblichen Ausschlussgrund des § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB hat in der Regel dennoch eine vorherige Anhörung des betroffenen Bieters zu erfolgen, die in die Prognose einzubeziehen ist. Dies folgt aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Danach hat der Auftraggeber die Pflicht, dem Bieter die Gelegenheit zu geben, sich zu den Vorwürfen zu äußern und seine Ausführungen in die Entscheidungsfindung einzubeziehen.

Eine solche Anhörung ist hier nach Auffassung des OLG München nicht erfolgt, insbesondere nicht durch den Schriftverkehr zwischen dem Auftraggeber und dem Bieter zum ursprünglichen Reinigungsvertrag oder die – zeitlich vor dem Vergabeverfahren – ausgesprochene Kündigung des Vertrags.

Praxishinweis

Die Entscheidung verdeutlicht, dass dem Bieter vor Ausschlussentscheidungen nach § 124 Abs. 1 GWB grundsätzlich rechtliches Gehör zu verschaffen ist.

Bevor der Auftraggeber seine Ermessensentscheidung treffen kann, hat er Bietern grundsätzlich die Gelegenheit zu geben, zu den Vorwürfen Stellung zu beziehen. Dies gilt auch gegenüber einem bisherigen Vertragspartner des Auftraggebers.

Im Rahmen eines Vergabenachprüfungsverfahrens überprüft die Vergabekammer in diesem Zusammenhang vor allem, ob der Auftraggeber sein Ermessen aufgrund einer tragfähigen Tatsachengrundlage ausgeübt und dies ausreichend dokumentiert hat.

Weitere Informationen


Datum: 29.01.2021
Gericht: OLG München
Aktenzeichen: Verg. 11/20
Typ: Beschluss
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