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Vergaberecht, aktuelle Urteile

Ist die Angabe von Schätzmengen/Schätzwerten sowie Höchstmengen/ Höchstwerten in der Auftragsbekanntmachung notwendig?

EuGH äußert sich zu notwendigen Angaben in der Auftragsbekanntmachung.

Was ist passiert?

Beschaffungsgegenstand war der Abschluss einer Rahmenvereinbarung im Wege des offenen Verfahrens zum Erwerb medizinischer Artikel für die Dauer von 4 Jahren. Optional sollte ein weiterer Auftraggeber bezugsberechtigt sein. Angaben zum geschätzten Wert oder Höchstwerte der Rahmenvereinbarung sowie geschätzte Mengen oder Höchstmengen der zu beschaffenden Waren wurden in der Auftragsbekanntmachung nicht aufgeführt.

Ein Bieter erhielt daraufhin den Zuschlag. Dagegen legte ein anderer Bieter Beschwerde ein. Der Beschwerdeausschuss verneinte eine aufschiebende Wirkung, sodass der Auftraggeber die Rahmenvereinbarung abschloss.

Der Beschwerdeausschuss legte den Fall dem EuGH zur Vorabentscheidung über folgende Fragen vor:

  1. Sind die Vergabegrundsätze des Art. 18 Abs. 1 und Art 19 der RL 2014/24 in Verbindung mit der Anlage V Teil C der RL dahingehend auszulegen, dass die Auftragsbekanntmachung Angaben über den geschätzten Wert/Menge sowie Angaben zu Höchstmengen/Höchstwerten enthalten muss?
  2. Können die Angaben zusammen erfolgen oder für den ursprünglichen öffentlichen Auftraggeber und den optionalen öffentlichen Auftraggeber einzeln?
  3. Führt die Nichtangaben der Höchstmengen/Höchstwerte zur Unwirksamkeit der abgeschlossenen Rahmenvereinbarung gemäß Art. 2d Abs. 1 Buchst. A der RL 92/13 in Verbindung mit den Art. 33 und 49 der RL 2014/24?

Was wurde entschieden?

Der EuGH hat festgestellt, das aufgrund der Grundsätze von Transparenz, Nichtdiskriminierung und Gleichbehandlung (vgl. Art. 18 Abs. 1 der RL 2014/24) Bietern die Information über die Höchstmengen/Höchstwerte sowie Schätzmengen/Schätzwerte zustehen. Diese Angaben sind von erheblicher Bedeutung und bilden die Grundlage zur Einschätzung über die Leistungsfähigkeit zur Erfüllung der Rahmenvereinbarung. Zwar ist der Wortlaut der einschlägigen Vorschriften nicht eindeutig, insbesondre spricht Art. 33 Abs. 1 mit der Formulierung „gegebenenfalls“ nicht für eine zwingende Angabe. Jedoch ergibt sich aus den genannten Vergabegrundsätzen sowie der allgemeinen Systematik im Wege einer wertenden Gesamtbetrachtung der Richtlinie, dass die Nichtangaben unzumutbar sind.

Zudem ist es einem Auftraggeber untersagt, sich bei den Angaben über den Gegenstand und den Umfang einer Rahmenvereinbarung auf Teilangaben zu beschränken. Demnach sind die Schätzungen für die Gesamtmengen/Gesamtwerte anzugeben.

Die Regelung, dass ein Vertrag, der aufgrund einer rechtswidrigen freihändigen Vergabe geschlossen wurde, grundsätzlich als unwirksam gelten soll, greift im vorliegenden Fall nicht ein. Diese strenge Sanktion soll nur auf Fälle anwendbar sein, in denen ein Auftrag ohne vorherige Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union freihändig vergeben wird. Eine Ausdehnung der Sanktion auf den Ausgangsfall wäre unverhältnismäßig.

Praxistipp

Durch die begrüßenswert klare Feststellung müssen Auftraggeber in der Auftragsbekanntmachung zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung Angaben über die Schätzmengen/Schätzwerte sowie über die Höchstwerte /Höchstmengen machen, bei Unterteilung des Auftrags in mehrere Lose sind diese Informationen für jedes Los anzugeben.

Autor

Rechtsanwalt Ronny Lohmann ist einer der Partner von Vergabekanzlei abante Rechtsanwälte Kins Lohmann PartG in Leipzig. Seit Jahr 2005 arbeitet er als selbstständiger Rechtsanwalt. Seine Tätigkeitsbereiche:

  • Vergaberecht, projektbegleitende Rechtsberatung (Bau/Planung, ITK)
  • Privates und öffentliches Baurecht
  • Grundstückrecht / Leitungsrechte / Gestaltung /Grundbuchbereinigung
  • Recht der Versorgungswirtschaft / Technischen Infrastruktur
  • Breitband- und Telekommunikationsrecht, Vertragsrecht.

Autor: RA Ronny Lohmann

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