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Newcomer verdienen eine Chance – bei Referenzen über „vergleichbare“ Aufträge keinen zu engen Maßstab anlegen

Der Auftraggeber sollte aber die Referenzangaben der Bieter zumindest teilweise überprüfen. Nimmt er z.B. telefonisch Kontakt zum Referenzauftraggebern auf, ist dies ausreichend in der Vergabeakte zu dokumentieren.

Was ist passiert?

Der Auftraggeber schrieb den Bau eines passiven Breitbandnetzes im offenen Verfahren aus. Als Nachweis der Eignung forderte er eine “einschlägige” Referenz. Auch verlangte er den Nachweis eines bestimmten Mindestjahresumsatzes für die vergangenen 3 Geschäftsjahre.

Der Bieter B, dessen Angebot wegen fehlender Eignung ausgeschlossen wurde, rügte diverse Verstöße, unter anderem gegen § 6 a EU Abs. 2 c VOB/A und stellte Nachprüfungsantrag. Nach Akteneinsicht beanstandete er, dass in der Vergabeakte nicht dokumentiert ist, ob, wann, mit welchem Inhalt und mit welchem Ergebnis eine Kontaktaufnahme zum Referenzauftraggeber stattgefunden hat.

Was wurde entschieden?

Die VK gab dem Bieter Recht.

Da der Auftraggeber nur eine einzige Referenz für den Nachweis der Eignung gefordert hat, ist es erforderlich, dass er diese Referenz mit der nötigen Tiefe prüft und mit dem jeweiligen Referenzauftraggeber erörtert. Anschließend hat er zu entscheiden, ob der Referenzauftrag die ausgeschriebenen Leistungen abdeckt. Den Überprüfungs- und Wertungsprozess muss er in ausreichender Weise dokumentieren.

Der Auftraggeber durfte das Angebot des „Newcomers“ nicht allein deshalb ablehnen, weil dieser erst seit 2 Jahren am Markt tätig und daher den Nachweis eines bestimmten Mindestjahresumsatzes nicht für die vergangenen 3 Geschäftsjahre führen konnte. Ein Auftraggeber  ist nur dann berechtigt, den Marktzutritt für Newcomer durch entsprechende Gestaltung der Vergabeunterlagen zu erschweren, wenn aufgrund der Komplexität und der Schwierigkeit der Leistung eine längerfristige Tätigkeit am Markt für die Leistungserbringung notwendig ist.

Praxistipp

Bei der Bewertung der Vergleichbarkeit einer Referenz steht dem Auftraggeber ein weiter Beurteilungsspielraum zu. Es genügt, wenn die Referenzleistungen dem zu vergebenden Auftrag nahekommen und einen tragfähigen Rückschluss auf die Leistungsfähigkeit des Bieters für die ausgeschriebene Leistung ermöglichen.

Gemessen daran und mit Blick auf den vergaberechtlichen Beschleunigungs- und Verhältnismäßigkeitsgrundsatz dürfte eine Pflicht des AG, jede Referenz zu überprüfen, nicht bestehen (vgl. OLG Düsseldorf, IBR 2010, 219).

Allerdings hatte der Auftraggeber vorliegend nur eine einzige Referenz gefordert und diese sollte nicht nur “vergleichbar”, sondern “einschlägig” sein. Wegen des besonderen Gewichts dieser einen Referenz, steigen auch die Anforderungen an die durch den Auftraggeber vorzunehmende Überprüfung.

Autor:

Rechtsanwalt Ronny Lohmann ist einer der Partner von Vergabekanzlei abante Rechtsanwälte Kins Lohmann PartG mbB in Leipzig. Seit Jahr 2005 arbeitet er als selbständiger Rechtsanwalt. Seine Tätigkeitsbereiche:

  • Vergaberecht, projektbegleitende Rechtsberatung (Bau/Planung, ITK)
  • Privates und öffentliches Baurecht
  • Grundstücksrecht / Leitungsrechte / Gestattung / Grundbuchbereinigung
  • Recht der Versorgungswirtschaft / technischen Infrastruktur/
  • Breitband- und Telekommunikationsrecht, Vertragsrecht.  

Weitere Informationen


Datum: 18.05.2020
Gericht: VK Lüneburg
Aktenzeichen: VgK 06/2020
Typ: Beschluss
Wissen

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