Was ist passiert?
Das klagende Land verlangt Schadensersatz wegen Nichterfüllung eines Dienstleistungsvertrags über die Durchführung von Sicherheitskontrollen auf einem Flughafen. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit des Vertragsschlusses.
Die Leistungen wurden zuvor vom Land in einem förmlichen Vergabeverfahren europaweit ausgeschrieben. Die Beklagte war Bestbieterin. Sie erhielt folgende Aufforderung mit Zuschlagsschreiben:
„Sie werden gebeten, umgehend die Schriftstücke unterzeichnet zurück zu senden:
– Eine Ausfertigung des Vertrags mitsamt Anlagen“
Der beigefügte Vertragsentwurf war in dieser Form zuvor nicht Teil der Vergabeunterlagen und enthielt Abweichungen zum Angebot der Beklagten. Die Beklagte lehnte die Unterzeichnung des Vertrags ab. In der Folge vertrat das klagende Land u.a. die Position, dass der Vertrag jedenfalls bereits mit Zuschlagserteilung auf Grundlage des ursprünglichen Angebots der Beklagten zustande gekommen sei.
Die Entscheidung
Erfolglos! Die Klage war unbegründet. Das OLG Celle legt die Erklärung des Landes als Annahme nur unter Änderungen aus. Der Beklagten ist es nach Ansicht des Gerichts zunächst ersichtlich darauf angekommen, den Zuschlag nur unter den Bedingungen des beigefügten Vertragsdokuments zu erteilen. Bei einer solchen „Annahme“ unter Änderungen handelt es sich gem. § 150 Abs. 2 BGB um eine Ablehnung des alten Angebots, verbunden mit einem neuen Angebot unter den geänderten Bedingungen. Insbesondere mit der Bitte um Rücksendung der unterzeichneten Vertragsausfertigung brachte der Kläger nach Ansicht des OLG Celle unmissverständlich zum Ausdruck, dass der Vertrag nur unter den Bedingungen dieses Vertragstexts zustande kommen soll. Damit konnte der Kläger auch keinen Vertragsschluss mehr unter den alten Bedingungen des Angebots der Beklagten herbeiführen. Das Angebot der Beklagten erlosch gem. § 146 BGB durch Ablehnung.
Praxishinweis
Auch vor dem Hintergrund des vergaberechtlichen Nachverhandlungsverbots tat der Bieter gut daran, sich nicht auf geänderte Bedingungen einzulassen. Öffentliche Auftraggeber können (und dürfen) Bietern mit dem Zuschlagsschreiben keine Änderungen zu ihrem Angebot aufzwingen. Da Willenserklärungen der Parteien immer vom objektiven Empfängerhorizont auszulegen sind, ist die Rechtsfolge von Beifügungen zum Zuschlagsschreiben aber regelmäßig eine Frage des Einzelfalls.
Autor
Menold Bezler Rechtsanwälte Steuerberater Wirtschaftsprüfer Partnerschaft mbB
Dr. Karsten Kayser, Rechtsanwalt und Partner
Weitere Informationen
Datum: 29.12.2022
Gericht: OLG Celle
Aktenzeichen: 13 U 3/22
Typ: Urteil