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Service, Nachrichten
13.02.2018, Thüringen

Streit um Reform

Es geht um öffentliche Aufträge im Wert von jährlich vielen Millionen Euro: Wie sie vergeben werden, regelt das Thüringer Vergabegesetz. Das soll nun reformiert werden.

Die Regeln zur Vergabe öffentlicher Aufträge in Thüringen sind heftig umstritten. „Das Gesetz ist überfrachtet. Wenn es in dieser Form bleibt, könnte es zum Hindernis für öffentliche Auftraggeber werden“, sagte der Geschäftsführer der Handwerkskammer Erfurt, Thomas Malcherek, der Deutschen Presse-Agentur. Kritik kommt auch von der CDU, die die größte Oppositionsfraktion im Landtag stellt. Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) kündigte an, dass die seit Monaten diskutierte Reform des Vergabegesetzes im Sommer von der Landesregierung beschlossen werden soll.

Ziel sei es, bürokratische Hürden zu senken, den Rechtsschutz für Bieter zu verbessern sowie den Zugang kleiner Unternehmen zu öffentlichen Aufträgen zu erleichtern, erklärte der Minister. Er sprach von einem Nachjustieren, einer behutsamen Veränderung.

Vorgesehen sei die Einführung eines Bestbieter-Systems. Danach müssten Formblätter und Erklärungen nur noch von dem voraussichtlich erfolgreichen Bieter vorgelegt werden. Ökologische und soziale Kriterien sollen entscheidend sein, wenn die öffentlichen Auftraggeber zwischen sonst gleichwertigen Angeboten von Unternehmen entscheiden müssten, so der Minister.

Der Geschäftsführer der Handwerkskammer schloss nicht aus, dass sich manche Handwerker angesichts der guten Auftragslage und vieler Regeln im Gesetz künftig überlegten, „ob sie sich dem Szenario einer öffentlichen Ausschreibung noch stellen“.

Die Thüringer Regionalgeschäftsführerin des DGB, Renate Licht, forderte, das Vergabegesetz so zu verändern, „dass bei öffentlichen Aufträgen Lohn- und Sozialdumping verhindert wird“. Sie plädierte unter anderem für einen „vergabespezifischen Mindestlohn in Höhe der untersten Lohngruppe des Tarifvertrags für Beschäftigte im öffentlichen Dienst“. Derzeit erhalte in der Regel der billigste Anbieter den Zuschlag, „was zu einer Unterbietungskonkurrenz über Löhne und Gehälter führt“, so Licht.

Der Wirtschaftspolitiker der CDU-Landtagsfraktion, Mario Voigt, verlangte von der rot-rot-grünen Regierung ein schlankes und unbürokratisches Vergabegesetz. Auf den Gesetzentwurf der Regierung würde seit mehr als einem Jahr gewartet. Und das, obwohl sie mit dem kürzlich beschlossenen Landeshaushalt die öffentlichen Investitionen erhöht habe.

Mit dem Zeitverzug beim Vergabegesetz soll sich nach dem Willen der CDU-Fraktion nun der Wirtschaftsausschuss des Landtags in seiner nächsten Sitzung befassen. Seine Fraktion habe bereits Ende 2016 einen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt, so Voigt.

Laut Tiefensee werden derzeit zwölf Eckpunkte für das neue Vergabegesetz mit Wirtschaft und Gewerkschaften diskutiert. Ein erster Entwurf werde erarbeitet. Er solle in den nächsten Tagen in die sogenannte Ressortabstimmung zwischen den Ministerien gehen. Er gehe davon aus, dass die sehr unterschiedlichen Interessen von Wirtschaft und Gewerkschaften und Auffassungen in eine gute Balance gebracht werden können. Anhörungen, auch der Kommunen, seien Ende März oder Anfang April geplant. Das Wirtschaftsministerium hatte im Vorfeld ein Gutachten zur Überprüfung der bestehenden Vergaberegeln in Auftrag gegeben.

Nach Zahlen des Finanzministeriums will das Land in diesem und dem kommenden Jahr mehr als 1,6 Milliarden Euro in Investitionen stecken. Der Investitionsanteil am Landeshaushalt lieg bei rund 15 Prozent.

Quelle: dpa

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