Zur Zulässigkeit eines Feststellungsantrags nach Zuschlagserteilung
Ein Feststellungsantrag gemäß § 168 Abs. 2, Satz 2 GWB muss darauf gerichtet sein, die Früchte des bisherigen Prozesses zu erhalten.
Ein nach Zuschlagserteilung erhobener Feststellungsantrag erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Er ist unzulässig.
Was ist passiert?
Die Antragstellerin wendet sich im Wege der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss der Vergabekammer, der ihren Fortsetzungsfeststellungsantrag nach § 168 Abs. 2 GWB als unzulässig zurückgewiesen hat.
Im Vorfeld dieses Antrags, jedoch eine Woche nachdem der Zuschlag unter Beachtung der Informations- und der Wartefrist gemäß § 134 Abs. 1, Abs. 2 GWB erteilt wurde, leitete die Antragsgegnerin ein Nachprüfverfahren ein. Nach einem Hinweis der Vergabekammer nahm sie den Antrag zurück.
Nach dieser Rücknahme hat die Antragstellerin einen Feststellungsantrag erhoben. Damit begehrt sie die Feststellung, dass die Antragsgegnerin den Zuschlag nicht vor Ablauf der Frist gemäß § 160 Abs. 3. Satz 1, Nr. 4 GWB erteilen durfte.
Was wurde entschieden?
Das OLG verneint die Erfolgsaussichten der sofortigen Beschwerde. Ein Antrag nach § 168 Abs. 2 S. 2 GWB ist nur dann statthaft, wenn sich ein Nachprüfungsverfahren nach seiner Einleitung erledigt hat. Vorliegend wurde der Zuschlag jedoch bereits vor Einleitung des ersten Nachprüfungsverfahrens erteilt. Auch hat die Antragstellerin ihren ersten Antrag zurückgenommen und erst danach einen selbständigen Fortsetzungsfeststellungsantrag gestellt. Eine solche Verfahrensweise fällt unter keine der tatbestandlichen „Erledigungsalternativen“ des § 168 Abs. 2 Satz 2 GWB. Nach dem Zweck dieser Regelung auch nicht unter den Auffangtatbestand „in sonstiger Weise“.
Eine analoge Anwendung scheidet aus, weil keine planwidrige Regelungslücke vorlag. Eine Fortsetzungsfeststellungsklage ist insbesondere nicht zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen erforderlich, sie stellt auch keine Zulässigkeitsvoraussetzung für eine solche Schadensersatzklage dar.
Praxistipp
Ein Fortsetzungsfeststellungsantrag ist keine Zulässigkeitsvoraussetzung für Sekundäransprüche der Bieter, welche diese vor den ordentlichen Zivilgerichten geltend machen.
Bieter, aber auch deren anwaltliche Berater, müssen nicht nur die gesetzlichen Fristen des § 160 Abs 3, Satz 1, Nr. 4 beachten, sondern immer auch den Zeitpunkt, zu dem der Auftraggeber unter Beachtung der Voraussetzungen des § 134 frühestens den Zuschlag erteilen kann. Andernfalls geht der Primärrechtsschutz ins Leere. Dieser Zeitpunkt kann auch vor Ablauf einer der in § 160 Abs. 3 GWB genannten Fristen liegen.
Nicht zuletzt aus Haftungsgründen sind alle Fristen sorgfältig zu ermitteln und zu notieren.Autor
Rechtsanwalt Ronny Lohmann ist einer der Partner von Vergabekanzlei abante Rechtsanwälte Kins Lohmann PartG mbB in Leipzig. Seit Jahr 2005 arbeitet er als selbständiger Rechtsanwalt. Seine Tätigkeitsbereiche:
- Vergaberecht, projektbegleitende Rechtsberatung (Bau/Planung, ITK)
- Privates und öffentliches Baurecht
- Grundstücksrecht / Leitungsrechte / Gestattung Grundbuchbereinigung
- Recht der Versorgungswirtschaft / technischen Infrastruktur/
- Breitband- und Telekommunikationsrecht, Vertragsrecht.
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