© iStockphoto.com/alvarez

Das Nachprüfungsverfahren: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser

Die Vorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge sind vielfältig. Nicht nur Unternehmen, sondern auch öffentliche Auftraggeber stehen vor der Herausforderung, sich rechtskonform zu verhalten und die Vorgaben des Vergaberechts zu beachten. Verstößt ein öffentlicher Auftraggeber dagegen, können die betroffenen Unternehmen ein Nachprüfungsverfahren einleiten. Dann prüft eine Vergabekammer die Rechtmäßigkeit der Auftragsvergabe. Voraussetzung dafür ist in der Regel, dass der Auftrag in den Anwendungsbereich des EU-Vergaberechts fällt, also insbesondere den dafür maßgeblichen Schwellenwert überschreitet.

Die Vergabekammern

Zuständig für die Überprüfung der Vergabe öffentlicher Aufträge sind die Vergabekammern. Sie entscheiden als unabhängige und neutrale Instanz über die Rechtmäßigkeit eines Vergabeverfahrens. Vergabekammern gibt es auf Bundes- und auf Landesebene.

Ein Nachprüfungsverfahren kann jedes Unternehmen einleiten, das sich in einem Vergabeverfahren in seinen Rechten verletzt sieht und dem dadurch ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Soll ein anderes Unternehmen als der Antragsteller den Zuschlag erhalten, kann dieses Unternehmen zum Nachprüfungsverfahren beigeladen werden.

Die 7 häufigsten Fragen zur Rüge

Das Vergabe24-FAQ gibt die Antwort. Gleich kostenlos herunterladen.

Hier geht’s zum Ratgeber

Ablauf des Nachprüfungsverfahrens

Das Nachprüfungsverfahren beginnt mit der Einreichung des Nachprüfungsantrags. Vor dem Antrag muss der Antragsteller den behaupteten Verstoß bereits beim Auftraggeber gerügt haben, damit dieser die Möglichkeit hat, der Beanstandung abzuhelfen. Hierfür gelten kurze Fristen: Nach Erkennen eines Vergaberechtsverstoßes muss die Rüge innerhalt von zehn Kalendertagen erhoben werden. Sind Verstöße bereits in der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen erkennbar, endet die Rügefrist in jeden Fall mit dem Ablauf der Bewerbungs- bzw. Angebotsfrist. Will der Auftraggeber den Anlass zur Rüge nicht korrigieren, muss das Unternehmen sich innerhalb von 15 Kalendertagen an die Vergabekammer wenden.

Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens kann jede Maßnahme des öffentlichen Auftraggebers im Vergabeverfahren sein. Das kann insbesondere die Entscheidung sein, das Angebot des betroffenen Bieters aus dem Verfahren auszuschließen und einem anderen Bieter den Zuschlag zu erteilen. Aber auch allgemeine Festlegungen des Auftraggebers wie bestimmte Eignungsanforderungen oder die Wahl der Zuschlagskriterien können überprüft werden. Ist allerdings der Zuschlag bereits erteilt, kann ein Nachprüfungsverfahren in der Regel nicht mehr eingeleitet werden. Informiert der Auftraggeber einen Bieter darüber, dass er nicht den Auftrag erhalten soll, ist daher höchste Eile geboten, um noch während der gesetzlichen Wartefrist von 10 bzw. 15 Tagen einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer zu stellen. Ist das Nachprüfungsverfahren erst einmal eingeleitet, besteht für seine Dauer ein Zuschlagsverbot.

Im Nachprüfungsverfahren prüft die Vergabekammer die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens mit Blick darauf, ob der Auftraggeber den Antragsteller in seinen Rechten verletzt hat. Grundlage dafür bilden die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze, aber auch die Akten des Auftraggebers, die dieser der Vergabekammer zur Verfügung stellen muss und in die die übrigen Beteiligten Einsicht nehmen können. Meist findet außerdem eine mündliche Verhandlung statt. Stellt die Vergabekammer einen Rechtsverstoß fest, verpflichtet sie den Auftraggeber, diesen zu beseitigen.

Kosten des Nachprüfungsverfahrens und Rechtsmittel

Die Vergabekammer entscheidet auch, wer die Kosten des Nachprüfungsverfahrens trägt. Das ist üblicherweise derjenige Beteiligte, der im Verfahren unterliegt. Anwaltskosten werden nur dann erstattet, wenn die Vergabekammer dies gesondert beschließt.

Gegen die Entscheidung der Vergabekammer können die Beteiligten sofortige Beschwerde erheben. In diesem Fall prüft das jeweils zuständige Oberlandesgericht die Sache.

Fazit

Für Unternehmen, die sich um öffentliche Aufträge bewerben, bietet das Nachprüfungsverfahren eine effektive Möglichkeit, sich vor Rechtsverletzungen durch den öffentlichen Auftraggeber zu schützen. Wichtig ist dabei, dass die Fristen genauestens eingehalten werden. Zudem muss vor einem Nachprüfungsverfahren eine Rüge erfolgen.