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Vergaberecht, aktuelle Urteile

Ausdruck genügt nicht

Die Vergabekammer Thüringen entschied zur ordnungsgemäßen Auskunftserteilung und stellte fest: Ein E-Mail-Ausdruck allein genügt nicht als Nachweis für den ordnungsgemäßen Zugang.

Eine Vergabestelle schrieb Abbruch- und Rohbauarbeiten im Rahmen der Sanierung eines Dorfgemeinschaftshauses öffentlich nach der VOB/A aus. Bei der Position „Gerüstverbreiterung außen“ fehlte in der Leistungsbeschreibung allerdings eine Mengenangabe. Ein Bauunternehmer wies den öffentlichen Auftraggeber darauf hin und fragte, mit welcher Menge kalkuliert werden solle. Die Vergabestelle versandte daraufhin eine E-Mail an die Bewerber mit einer entsprechenden Mengenangabe.

In der E-Mail wurden die Bewerber allerdings nicht gebeten, den Empfang der E-Mail zu bestätigen. Der öffentliche Auftraggeber informierte später den Bauunternehmer, dass ihm der Zuschlag nicht erteilt werden könne, weil ein niedrigeres Angebot vorläge. Der Bauunternehmer beanstandete bei der auch für Unterschwellenvergaben zuständigen Vergabekammer Thüringen die Entscheidung, da er nicht über die Korrektur der fehlenden Leistungsposition informiert worden wäre.

Zum Beschluss

Die thüringische Vergabekammer gab dem Bauunternehmer recht. Denn § 12a Abs. 4 VOB/A verpflichtet einen öffentlichen Auftraggeber, zusätzliche sachdienliche Auskünfte über die Vergabeunterlagen allen Unternehmen unverzüglich in gleicher Weise zu erteilen. Die Bestimmung des § 12a Abs. 4 VOB/A fordert ausdrücklich, dass die Informationen allen Bewerbern zu übermitteln sind. Der Auftraggeber muss im Falle eines Zweifels am Zugang der sachdienlichen Auskünfte bei einem Bewerber den eindeutigen Nachweis führen können, dass alle Bewerber gleichermaßen die Ergänzung beziehungsweise Korrektur der Leistungsbeschreibung erhalten haben. Die Weimarer Nachprüfungsbehörde empfiehlt daher grundsätzlich, den Eingang der sachdienlichen Auskünfte bei den Bewerbern durch die Forderung nach Rücksendung einer entsprechenden Empfangsbestätigung abzusichern.

Vorliegend konnte der öffentliche Auftraggeber den Nachweis, dass der rechtsschutzsuchende Bauunternehmer die E-Mail erhalten hat, jedoch nicht erbringen. In der Vergabeakte war lediglich die E-Mail mit dem Sendestatus dokumentiert. Dadurch aber wird kein Zugang nachgewiesen. Der Ausdruck einer E-Mail dient nicht als Beleg des Zugangs der E-Mail beim Empfänger, sondern lediglich als Nachweis dafür, dass eine E-Mail von der Vergabestelle versandt wurde. Der bloße Ausdruck der E-Mail ohne Eingangs- oder Lesebestätigung reicht daher für einen Anscheinsbeweis des Zugangs nicht aus. Die Absendung einer E-Mail bietet also keinerlei Gewähr dafür, dass die Nachricht den Empfänger auch wirklich erreicht hat.

Quelle: Bayerische Staatszeitung, Ausgabe 6/2018

Autor: Holger Schröder, Fachanwalt für Vergaberecht, Kanzlei Rödl & Partner, Nürnberg

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