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Vergaberecht, aktuelle Urteile

Nachfragen schadet nicht- oder doch?

Die Vergabekammer des Bundes nimmt in einem aktuellen Beschluss Stellung zur Unterscheidung zwischen Bieterfrage und Rüge.

Sachverhalt

Ein öffentlicher Auftraggeber schrieb europaweit die Wartung und Reparatur von Schiffen im Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb aus. Ein Bieter teilte in der Verhandlungsphase mit, dass die Vergabeunterlagen fehlerhaft seien und nannte die aus seiner Sicht vergaberechtlich angezeigte Korrektur der vermeintlichen Fehler. Nach jedem einzelnen mitgeteilten Aspekt verwendete der Bieter den Satz: „Wie stellt sich der Auftraggeber im Wettbewerbsverfahren verantwortlich zu dieser Problematik?“.

Der öffentliche Auftraggeber beantwortete die „Fragen“ und nahm mehrheitlich keine Änderungen vor. Nach dem Informationsschreiben gem. § 134 Abs. 1 GWB rügte der Bieter ausdrücklich die vermeintlichen Vergabefehler und stellte einen Nachprüfungsantrag.

Entscheidung

Die Vergabekammer verwarf den Nachprüfungsantrag als unzulässig. Der Antragsteller sei mit seinem Vortrag nach § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 GWB präkludiert. Nach der Vorschrift muss ein Bieter innerhalb von 15 Kalendertagen nach der Mitteilung eines öffentlichen Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, einen Nachprüfungsantrag stellen. Die Mitteilung der Verfahrensfehler durch den Bieter sei nicht als reine Bieterfrage, sondern als Rüge zu qualifizieren gewesen.

Ob ein konkretes Bieterverhalten eine Rüge darstelle, sei objektiv zu beurteilen und stehe nicht zur Disposition der Beteiligten. Ergebe sich aus dem Inhalt der „Frage“, dass es sich nicht nur um eine bloße Verständnisfrage oder um eine Äußerung rechtlicher Zweifel handele, sondern dass der Bieter vielmehr ein von ihm als Vergaberechtsverstoß betrachtetes Vorgehen beseitigt sehen wolle, liege eine Rüge vor.

Ihre Auffassung begründet die Vergabekammer mit Sinn und Zweck der Rügeobliegenheit. Diese diene dazu, ein vergaberechtswidriges Vorgehen möglichst frühzeitig zu erkennen und zu korrigieren. Käme es bei der Einordnung als Rüge auf den Willen des Bieters an, könnte dieser nach eingereichter „Frage“ über die gesamte Dauer des Vergabeverfahrens taktieren, ob er seine Mitteilung als Rüge oder reine Bieterfrage verstanden wissen wollte.

Praxishinweis

Bieter können bei vermeintlichen Bieterfragen durchaus etwas „falsch“ machen. Risiken ergeben sich aus der Vorschrift des § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 GWB. Bieter sollten darauf achten, wie ihre „Bieterfrage“ objektiv verstanden werden kann. Bieter müssen daher im Zweifel bei abschlägiger Beantwortung zu einem frühen Zeitpunkt – nämlich innerhalb von 15 Kalendertagen nach der Mitteilung – einen Nachprüfungsantrag stellen, um nicht Gefahr zu laufen, dass der Antrag unzulässig ist.

Quelle:

Autor: Menold Bezler Rechtsanwälte Steuerberater Wirtschaftsprüfer Partnerschaft mbB

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Beschluss
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